Leichtfrieds kaum bekannte Inseratenkassa Hunderttausende Euro für die Boulevardmedien aus dem Wunschkennzeichen-Topf
Leichtfried. Bis halbe Million Euro für Boulevard nach eigenem Ermessen
Man müsse „davon wegkommen, Inserate als Instrument einzusetzen, um sich gewogenen Journalismus zu kaufen“, sagte kürzlich Bundeskanzler Christian Kern. Bei seinem SP-Parteikollegen Jörg Leichtfried scheint dies noch nicht angekommen zu sein. Denn der Verkehrsminister besitzt eine eigene Kasse, aus der er de facto nach eigenem Ermessen den Boulevard mit Inseraten versorgt.
Eine halbe Million Euro kann so pro Jahr verteilt werden. Das Geld stammt aus den Einnahmen der Kfz-Wunschkennzeichen; mit diesen finanzierte Leichtfried im Vorjahr eine 3,5 Millionen Euro teure Kampagne gegen Raserei. Dabei wurden die Inserate mehr oder weniger nach der Auflagenstärke der Zeitungen und Fernsehsender vergeben, auch der KURIER bekam 54.000 Euro. Doch nebenbei genehmigt sich der Minister noch eine Kassa, wo sein Ressort bis zu einer halben Million Euro pro Jahr selbst vergeben kann.
380.000 Euro ausgegeben
Rund 380.000 Euro davon rief Leichtfried im vergangenen Herbst ab, abgesehen von 22.000 Euro für „Zielgruppenmedien“ging alles an Krone, Österreich und Heute. Die Aktion hieß „Siehst du mich?“Diese drei Medien sahen 2016 aber offenbar nicht alles, so berichteten sie nicht über den Skandal rund um unterdrückte Sicherheitsberichte im Verkehrsministerium. Auch dass Leichtfrieds Prestigeprojekt, die Alko-Locks, umstritten sind oder das dubiose Naheverhältnis des Ministeriums zum Kuratorium für Verkehrssicherheit waren dort kein Thema.
„Hinterfragenswert“
„Der Rechnungshof bericht über die skandalösen Vergaben des Verkehrsministeriums bei Verkehrssicherheits-Kampagnen ist noch ziemlich frisch. Umso unverständlicher ist, wie Minister Leichtfried weiter in ähnlichem Stil Hunderttausende Euros statt für konkrete Verkehrssicherheitsarbeit für Inserate ausgeben kann, deren Wirkung sehr hinterfragenswert ist“, kriti- siert der Grüne Verkehrssprecher Georg Willi.
Im Leichtfried-Büro heißt es, dass der Budgetrahmen von Vorgänger Gerald Klug stammt. Im Herbst wurde geschalten, weil es um Sichtbarkeit im Straßenverkehr ging. Die Entscheidung über die InseratenVergabe würde von der Geschäftsführung des Verkehrssicherheitsfonds und der Kommunikationsabteilung gefällt. Die hätten nach der Reichweite entschieden.
In einer parlamentarischen Anfragebeantwortung klang das noch etwas anders. Da hieß es, dass Inserate des Fonds von der Kommunikationsabteilung bestimmt werden, aber: „bei höheren Beträgen kann eine Befassung (...) der Ressortleitung infrage kommen.“
In Summe gab Leichtfried im vierten Quartal 2016 rund 1,8 Millionen Euro für Werbung aus – der höchste Wert eines Ministeriums seit Ein-
führung der Transparenzdatenbank 2012. Aus seinem Büro heißt es, dass die halbe Million auch heuer wieder zur Verfügung steht.