Warum sich Kurz noch bitten lässt Kurz zitiert
ÖVP-Krise. Sebastian Kurz will und muss seinen Preis für die Übernahme der Obmannschaft in die Höhe treiben. Sonst droht auch er verheizt zu werden.
„In diesem Zustand übernehme ich die ÖVP sicher nicht!“
Montagabend, er hatte das Handy am Ohr, sagte bastian Kurz genau diesen Satz zu einigen gewichtigen ÖVP-Funktionären.
Parteichef Reinhold Mitterlehner war angezählt, Rücktrittsgerüchte machten die Runde. Und weil er, Kurz, seit jeher als logischer Nachfolger des Mühlviertlers gilt, sah sich der 30-jährige Außenminister bemüßigt, par- tei-intern ganz schnell wieder abzuwinken. Ich will nicht – zumindest noch nicht.
Warum Kurz am jenem Abend zum Telefon griff und die ÖVP-Granden durchrief?
War es Koketterie? War es Teil einer kühl-kalkulierten Taktik, frei nach dem Motto: Ich streu’ wirklich keine Rücktrittsgerüchte gegen den Reinhold.
Vielleicht ist beides wahr. Außer Zweifel steht: Sebastian Kurz meinte diesen Satz genau so, wie er ihn an diesem verregneten Montagabend gesagt hat.
Und als Reinhold Mitterlehner dann am Mittwoch tatsächlich ging und schnippisch darauf hinwies, dass die Partei in zehn Jahren schon vier Obleute verschlissen habe, wiederholte Kurz seinen Satz so klar, dass ihn auch außerhalb der ÖVP alle ganz deutlich hören konnten: „Es ist derzeit nicht attraktiv, den Job des ÖVP-Obmannes anzustreben“.
Kurz hatte viel Zeit
Auf den ersten Blick mag die Zurückhaltung des jungen ÖVP-Stars durchaus verwundern – immerhin hatte der Meidlinger jede Menge Zeit, sich auf die anstehende Herausforderung vorzubereiten.
Dazu gehört die Vernetzung, besonders in der Partei: Kurz machte die vor Jahren belächelte Junge ÖVP zu einer relevanten Kraft, er brachte frühere Mitarbeiter und Vertraute in wichtige Funktionen in Ministerien, Landesorganisationen und Bünden, nebenbei sicherte er sich den Zuspruch gewichtiger Landeshauptleute. Kurz weiß also, was wo wie passiert, er ist vernetzt.
Zur Vorbereitung gehört zudem, dass sich Kurz in ver- schiedenen, für einen Parteichef relevanten politischen Feldern profilieren konnte.
Außenpolitisch punktete er als Verbinder, der prestigeträchtige Projekte wie die Atom-Gespräche mit dem Iran nach Wien bringen konnte – auch der UNOStandort Genf hätte die Gespräche gern gehabt.
Und selbst wenn sich Kurz innenpolitisch in seiner ursprünglichen Kern-Kompetenz, dem Integrationsthema, vom sympathisch-gewandten Integrationsbotschafter zum Gegner der „Re- fugees welcome“-Haltung wandelte: Als Politiker hat Kurz in den letzten sechs Jahren jedenfalls Statur gewonnen. Im Vertrauensindex der APA ist er 2017 ungeschlagener Spitzenreiter der Politik. Und kein Boulevard-Journalist würde den in deutschen Talkshows mittlerweile ausnehmend willkommenen Minister heute noch als „Geilen Basti“verlachen wie bei dessen Angelobung 2011.
Stete Häme
Die Häme von damals ist zwar vergessen. Erledigt ist sie aber beileibe nicht.
Denn die ersten, durchwachsenen Jahre als Regierungsmitglied haben Kurz geprägt – und sie spielen auch jetzt bei der Frage des Parteivorsitzes eine Rolle. „Die Untergriffe in der Anfangszeit haben dazu geführt, dass Sebastian vor allem eines verinnerlicht hat: Mach’ keine Fehler. Jetzt vorschnell eine Entscheidung über die Obmannschaft zu treffen, wäre aber so einer“, sagt ein Kurz-Vertrauter zum KURIER.
Womit wir bei der Frage von Parteivorsitz und Vizekanzler sind. Denn die – auch das bestätigte Kurz am Mitt-