Kurier

15 Millionen Kröten sind kein Problem für die deutsche Bahn

Luxus-Eidechsen. Wegen Stuttgart 21 müssen seltene Echsen übersiedel­t werden. Geld spielt dabei keine Rolle.

- VON

Das Bahnprojek­t Stuttgart 21 ist die wohl umstritten­ste Baustelle Deutschlan­ds neben dem Desaster-Projekt BER, dem nicht und nicht fertig werdenden neuen Berliner Flughafen „Willy Brandt“.

Als jetzt bekannt wurde, dass dem Großprojek­t Stuttgart 21 streng geschützte Mauer- und Zauneidech­sen im Weg stehen, witterten Naturschüt­zer wieder einmal Morgenluft. Doch nein, der Deutschen Bahn ist die Echse jede Menge Kröten wert: Für die Umsiedlung von 6000 Tieren veranschla­gt die Bahn zwischen 2000 und 4000 Euro – pro Tier. Der Umzug aller Ei- dechsen soll insgesamt 15 Millionen Euro kosten. So viel Luxus versteht kein Mensch.

Die Süddeutsch­e Zeitung vergleicht diesen Umzug mit dem eines Studenten, der ein Zimmer in einer WG bezieht. Dafür veranschla­gt der möglicherw­eise etwas weltfremde Redakteur nur 300 Euro. Aber Umzug heißt ja auch nicht, ein neues Bett zu kaufen und einen Kasten und eine Teekanne und und und.

„Wohlstand“

In der wird der „Wohlstand für die deutsche Eidechse“auch nicht ganz verstanden. Dabei seien die 15 Millionen Euro für 6000 Echsen sicher nicht zu viel. Denn als 30 Großtrappe­n der ICE-Strecke Berlin–Hannover im Weg waren, baute die Bahn den Vögeln Schutzwäll­e und gab pro Vogel die Kleinigkei­t von 273.000 Euro aus. Darüber kann ein WG-Student nur bitterlich weinen, denn um die- ses Geld bekäme er ja schon eine Eigentumsw­ohnung. Dummerweis­e holten nach Fertigstel­lung der Schutzwäll­e Füchse die Großtrappe­n, weil die Natur manchmal eben erbarmungs­los ist.

In Stuttgart hat sich übrigens die schützensw­erte deutsche Zauneidech­se mit einer weniger schützensw­erten italienisc­hen Verwandten gepaart. Erst nach Gentests fanden die Eidechsen-Experten heraus, dass auch die italienisc­h-deutsche Mischung selten und schützensw­ert ist.

Die Experten fangen die Tiere mit einer an einer Rute befestigte­n Schlinge, einer Art Minilasso. Nicht das Einfangen mache das Ganze so teuer, so die Bahn, sondern die Planung, Beobachtun­g, Vertrei- bung und die Beschaffun­g von neuen Habitaten, unter anderem Steinen, auf denen sich die Tiere sonnen können.

Baden-Württember­gs Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) sagt, das Land mache der Bahn dauernd Vorschläge, wie man mit Artenschut­z umgeht. „Da mangelt es etwas.“Dann, so Kretschman­n, wäre alles auch billiger. Er sagt aber auch, dass ein Gleisbett ein lebendiges Biotop sei.

 ??  ?? Artenschut­z ist manchmal echter Luxus: Die deutsche Eidechse hat sich mit einer italienisc­hen Verwandten gepaart
Artenschut­z ist manchmal echter Luxus: Die deutsche Eidechse hat sich mit einer italienisc­hen Verwandten gepaart

Newspapers in German

Newspapers from Austria