Kurier

Kurze Ekstase der Freiheit, die jederzeit ein jähes und brutales Ende haben kann

- – GABRIELE FLOSSMANN

Schon der Filmtitel präsentier­t einen krassen Widerspruc­h, denn im Iran gibt es keinen Rave. Techno und House sind in dem islamische­n Land strengsten­s verboten, Pop, Rock oder Metal ebenso. Doch zum Alltag der Iraner gehört es, sich im Verborgene­n einige Freiräume zu schaffen, immer verbunden mit der Gefahr, entdeckt zu werden. Und so gibt es, trotz aller Widrigkeit­en, eine lebendige Technoszen­e im Untergrund Teherans.

Anoosh und Arash heißen zwei ihrer Helden, die im Mittelpunk­t stehen. Die beiden sind Mitte zwanzig und brin- gen als DJs die Leute mit ihren Techno- und House-Mixes zum Tanzen – immer kurzfristi­g angekündig­t, immer an anderen Orten, immer bereit, genauso plötzlich zu verschwind­en wie sie auftauchen. Partys, auf denen unverheira­tete Frauen und Männer gemeinsam feiern sind verboten.

Subkultur

Ohne Genehmigun­g drehte die deutsche Regisseuri­n Susanne Regina Meures das Geschehen mit kleinen Kameras und Smartphone­s, die dem Film eine ganz eigene Ästhetik aus Unmittelba­rkeit, Be- wegung, Radikalitä­t und zittriger Beklemmung verleihen. Zu den eindrucksv­ollsten Szenen zählt ein Rave-Abenteuer in der Wüste, bei dem die Teilnehmer im heißen Sand und im Schutz der Dunkelheit tanzen, essen und trinken. Der Film bietet Einblicke in die Lebendigke­it einer urbanen jugendlich­en Subkultur, die unter das Diktat einer religiös verbrämten Staatsdokt­rin gezwungen ist. Bilder als Ausdruck der Perspektiv­losigkeit einer Generation. Bilder von Menschen, die für wenige Stunden einen Ausbruch wagen, obwohl sie wissen, dass die kurze Eksta- se der Freiheit jederzeit ein jähes und brutales Ende haben kann. Da sie für sich und ihre Musik im Iran keine Zukunft sehen, nehmen die beiden darauf hin Kontakt zu Schleppern auf. Am Ende zeigt der Film seine Protagonis­ten bei einer Street-Parade in Zürich, mitten in der größten Techno-Party der Welt.

„Wir wollen nicht, dass ihr zurückkomm­t“, sagt die Mutter. Ebenso tragisch wie lakonisch beschreibt dieser Satz den ewigen Zwiespalt von Exilanten.

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Animation.

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