Der Mann, den Trump fürchten muss
USA. Sonderermittler Robert Mueller soll in der Causa Russland mögliche Vergehen des Präsidenten untersuchen
Zu den Heldengeschichten über Robert Mueller III, die Donald Trump wohl Magendrücken verursachen, gehört eine Begebenheit, die sich vor 13 Jahren an einem Krankenbett in Washington ereignete. John Ashcroft, damals US-Justizminister, war frisch operiert worden. Trotzdem versuchten zwei Gesandte von Präsident George W. Bush dem Juristen eine Unterschrift abzuluchsen, und zwar für die Verlängerung von Lauschangriffen auf Terrorverdächtige ohne vorherige Richter-Erlaubnis.
Zwei Männer verhinderten damals die verfassungswidrige Nacht-und Nebelaktion und genießen seither den Ruf, vor dem Weißen Haus nur höchst selten einzuknicken: James Comey, damals Ashcrofts Vize und heute frisch von Trump gefeuerter FBIChef; sowie Robert Mueller, vor seinem Freund Comey 13 Jahre an der Spitze der Bundespolizei und seit Donnerstag Sonder-Ermittler in der Russland-Affäre um Trump.
Freie Hand
Der 72-Jährige soll im Auftrag von Vize-Justizminister Rosenstein „jegliche Verbindungen und/oder Abstimmungen zwischen der russischen Regierung und Personen mit Verbindung zur Wahlkampagne von Präsident Trump untersuchen“. Mit dem seit fast 20 Jahren nicht mehr benutzten Statut des Sonder-Ermittlers solle gewährleistet werden, dass das US-Volk „volles Vertrauen in die Ergebnisse haben kann“.
Für die Aufgabe, an deren Ende ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump stehen könnte, hat Mueller nahezu freie Hand, unbegrenzte Ressourcen und Vollmachten. Und Erfahrung sowieso. In seiner Karriere half er, den panamaischen Diktator Noriega und den New Yorker Mafioso Gotti hinter Gitter zu bringen. Er leitete die Untersuchungen nach den Bomben-Attentaten auf den Pan-Am-Flug 1988 über dem schottischen Lockerbie sowie auf den Marathon-Lauf in Boston 2013.
Vor wenigen Tagen hatten Rosenstein und die republikanische Kongress-Mehrheit einen Sonder-Ermittler noch als überflüssig bezeichnet. Nach einer Kaskade neuer Enthüllungen, die Trump in den Dunstkreis der verbotenen Beeinf lussung der Justiz rücken, schwenkte das Pendel in die andere Richtung. Eine Vorverurteilung sei das aber nicht, so Rosenstein.
In einer ersten Stellungnahme gab sich Trump konziliant. Die Untersuchung wer- de zeigen, dass die Anschuldigungen haltlos seien. Gestern sprach Trump dann gewohnt impulsiv von der „größten Hexenjagd auf einen Politiker in der US-Geschichte“.
„Nein. Nächste Frage“
Lacher erntete der Staatschef, als er bei einer Pressekonferenz anlässlich des Besuches des kolumbianischen Präsidenten Santos fragte, ob jemand Fragen habe. Trump beteuerte, weder er noch sein Team hätten Absprachen mit Russland getroffen, wobei er „nur für sich selbst sprechen“könne. Vorwürfe, er habe sich straf bar gemacht, seien lächerlich. Die Frage eines Journalisten, ob er Ex-FBI-Chef Comey bedrängt habe, die Russland-Ermittlungen einzustellen, beantwortete Trump mit „Nein. Nächste Frage.“
Republikanische Abgeordnete, die schleichend auf Distanz zu Trump gehen, wundern sich derweil über neue Details aus der Russland-Sa- ga: Etwa jenes, dass „Trumpianer“bis zur Wahl im November fast 20-mal per Telefon oder eMail mit Kontaktleuten von Russlands Präsident Putin in Verbindung standen.
Noch größere Irritationen löste ein Gesprächsmitschnitt aus, den die Washington Post in ihren Besitz brachte. Darin sagt der republikanische Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus, Kevin McCarthy, im Juni 2016: „Ich denke, es gibt zwei Personen, die Putin bezahlt. Rohrabacher und Trump. Ich schwöre bei Gott.“Gemeint ist neben dem Präsidenten der für seine pro-russische Haltung bekannte republikanische Abgeordnete Dana Rohrabacher. Zuhörer damals: Paul Ryan, Chef des Repräsentantenhauses und damit Nr. drei im Staat. Mit den Vorwürfen konfrontiert, blockten die Herren ab. Als der Mitschnitt bekannt wurde, ließ McCarthy erklären, es sei ein Scherz gewesen. Seine Tonlage im „Putin-Gespräch“gibt das nicht her.
Insider sind sich sicher, dass der als wortkarg geltende Robert Mueller die öffentliche Debatte über Trumps mögliche Vergehen nicht häppchenweise mit Erkenntnissen befeuern wird. Nicht einmal mit spartanischer Unterrichtung sei zu rechnen, sagen Leute, die ihn kennen.