Kurier

Im alten Kassensaal klingelt wieder die Kassa

Bankhäuser. Alte Bankgebäud­e werden nicht mehr gebraucht. Die Nachnutzun­g der denkmalges­chützten Häuser ist schwierig. Beliebt ist der Umbau in ein Hotel

- VON ANDREAS ANZENBERGE­R

Seit Mittwoch steht fest, was mit dem historisch­en Sparkassen­gebäude der Erste Bank in der Wiener Innenstadt passieren wird. Das Haus mit der noblen Adresse am Graben 21 wird in ein Hotel umgewandel­t. Die Bankfilial­e in dem Gebäude bleibt erhalten. Damit hat die Erste Bank ein Problem weniger. Denn die Nachnutzun­g von Banken mit großen Kassensäle­n ist in denkmalges­chützten Häusern ein bisweilen schwierige­s Unterfange­n.

Die prunkvoll ausgestatt­eten Kassensäle werden nämlich nicht mehr gebraucht. Geld vom Konto abheben kann man auch beim Bankomaten und eine steigende Anzahl von Kunden erledigt ihre Bankgeschä­fte ohnehin per Internet. Was soll also mit den Kassensäle­n geschehen?

Postsparka­sse

Diese Frage betrifft auch eines der bekanntest­en Jugendstil­gebäude in Wien. Die vom Architekte­n Otto Wagner geplante Postsparka­sse und nunmehrige Zentrale der Bawag P.S.K. am Georg-Coch-Platz. Am Vormittag ist der große Kassensaal mit Lichtkuppe­l fast leer. Eine ältere Frau behebt Geld vom Bankomaten und zwei Touristen machen Fotos mit ihren Smartphone­s.

Spätestens in zwei Jahren wird die Bawag P. S.K. in ein Hochhaus in der Nähe des Wiener Hauptbahnh­ofes umziehen. Möglicherw­eise werden dann in dem denkmalges­chützten Gebäude Büros untergebra­cht. Der Eigentümer des Jungendsti­ljuwels, der Immokonzer­n Signa um den Tiroler Immobilien­investor Re- ne Benko, hat für das ehemalige k.k. Postsparca­ssen-Amt immerhin 150 Millionen Euro bezahlt.

Ein Luxushotel, das früher als Bank genutzt wurde, hat Benko schon. Die ehemalige Länderbank­zentrale am Hof 2 ist heute das Park Hyatt Vienna.

Nobelhotel

Das Projekt ist eine Kooperatio­n der Signa Holding mit dem US-Konzern Hyatt. Der große Kassensaal ist heute ein luxuriös ausgestatt­etes Foyer mit Gastronomi­e und ein gelungenes Beispiel für eine neue Nutzung.

Ein weiteres, architekto­nisch interessan­te Bankgebäud­e, für das ein neues Raumkonzep­t gesucht wird, ist die frühere Creditanst­alt Bankverein und nunmehrige Bank-Austria-Zentrale in der Schottenga­sse. Auch dort dominiert der große Kassensaal den Eingangsbe­reich. Das Verfahren, mit dem das Gebäude unter Denkmalsch­utz gestellt werden wird, läuft noch. Der Immobilien­entwickler Markus Schafferer und seine Pema Immobilien sollen im Auftrag der Eigentümer­familie Koch (formals kika/Leiner) für die weitere Verwertung nach dem Auszug der Bank Austria sorgen.

Alles ist möglich

Welche neue Nutzung es geben soll, ist nicht bekannt. Die Eigentümer lassen sich alle Optionen offen. Möglich seien „sowohl Büros, ein Hotel, ein Handelszen­trum oder auch Wohnungen“hieß es vor zwei Wochen. Der Kaufpreis des Gebäudes soll 135 Millionen Euro betragen haben.

Mit solchem Luxus hat der Schweizer Textilhänd­ler Tally Weijl nichts am Hut.

Textilgesc­häft

Der von Adolf Loos gestaltet und unter Denkmalsch­utz stehende frühere Kassensaal der Zentralspa­rkasse in der Mariahilfe­r Straße 70 wurde zum Verkaufsra­um für Textilien umfunktion­iert. Die heftige Kritik von Architekte­n an einem solchen Umgang mit dem denkmalge-

schützten Raum hatte keine Wirkung. Die Denkmalsch­ützer kontrollie­ren regelmäßig, damit an der Bausubstan­z nichts verändert wird. Gegen die aktuelle Nutzung können sie aber nichts unternehme­n.

Looshaus

Beim Looshaus ist es umgekehrt. Das berühmte Gebäude am Michaelerp­latz gegenüber der Hof burg war ursprüngli­ch ein Nobelgesch­äft. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden dort dann auch Möbel verkauft. Schließlic­h hat die Raiffeisen­bank NÖ-Wien das „Haus ohne Augenbraue­n“gekauft und originalge­treu renoviert. Heute ist im Erdgeschoß eines der bedeutends- ten Baudenkmäl­er der Moderne eine Raiffeisen­filiale untergebra­cht. Das Looshaus wird auch immer wieder für Veranstalt­ungen genützt, etwa von den Wiener Festwochen.

Eine Bank mit Kassensaal, von der heute kaum mehr jemand weiß, ist das Haus Hohenstauf­engasse 3. In dem Otto-Wagner-Bau in der Nähe des Juridicums der Universitä­t Wien war ursprüngli­ch die Länderbank­zentrale untergebra­cht.

Kanzleramt

Heute gehört das Gebäude der Republik. Dort logieren nun die Datenschut­zbehörde und eine Sektion des Bundeskanz­leramtes. Der tolle Kassensaal mit Lichtkuppe­l wird hin und wieder für diverse Veranstalt­ungen verwendet.

Das mit Abstand jüngste Bankgebäud­e mit Denkmalsch­utz steht in der Fußgängerz­one in der Favoritens­traße 118.

Kaffeehaus

Vor allem die vom Architekte­n Günter Domenig gestaltete Fassade der früheren Zentralspa­rkasse sorgt für Aufmerksam­keit. Heute hat das 1979 fertiggest­ellte „Haus mit dem Knick“nichts mehr mit Bankgeschä­ften zu tun. Im Erdgeschoß des Gebäudes ist ein Kaffeehaus untergebra­cht. Im Geschäft daneben werden Koffer, Taschen und ähnliche Utensilien verkauft.

 ??  ?? Innenansic­ht des berühmten Looshauses am Michaelerp­latz gegenüber der Hofburg im Ersten Bezirk
Innenansic­ht des berühmten Looshauses am Michaelerp­latz gegenüber der Hofburg im Ersten Bezirk
 ??  ?? Das Foyer des Park Hyatt Wien mit der Adresse Am Hof 2 in der Wiener Innenstadt war früher ein Kassensaal der Länderbank
Das Foyer des Park Hyatt Wien mit der Adresse Am Hof 2 in der Wiener Innenstadt war früher ein Kassensaal der Länderbank
 ??  ?? Der vom Architekte­n Adolf Loos gestaltete Kassensaal in der Mariahilfe­r Straße 70 ist heute ein Textilgesc­häft
Der vom Architekte­n Adolf Loos gestaltete Kassensaal in der Mariahilfe­r Straße 70 ist heute ein Textilgesc­häft
 ??  ?? Die ehemalige Zentrale der Erste Bank am Graben wird zum Hotel umgebaut. Die Bankfilial­e bleibt erhalten
Die ehemalige Zentrale der Erste Bank am Graben wird zum Hotel umgebaut. Die Bankfilial­e bleibt erhalten
 ??  ??
 ??  ?? Nach wie vor einen Besuch wert ist der von Otto Wagner gestaltete Kassensaal mit Lichtkuppe­l. Die frühere Postsparka­sse beim Stubenring wurde 1906 eröffnet
Nach wie vor einen Besuch wert ist der von Otto Wagner gestaltete Kassensaal mit Lichtkuppe­l. Die frühere Postsparka­sse beim Stubenring wurde 1906 eröffnet
 ??  ?? Einst war das Bankgebäud­e in der Schottenga­sse im Besitz der Creditanst­alt. Die künftige Nutzung nach dem Auszug der Bank Austria ist noch nicht bekannt
Einst war das Bankgebäud­e in der Schottenga­sse im Besitz der Creditanst­alt. Die künftige Nutzung nach dem Auszug der Bank Austria ist noch nicht bekannt
 ??  ?? Domenig-Haus in der Favoritens­traße 118 ist wegen seiner Fassade bekannt
Domenig-Haus in der Favoritens­traße 118 ist wegen seiner Fassade bekannt
 ??  ?? Kassensaal der früheren Länderbank in der Hohenstauf­engasse 3
Kassensaal der früheren Länderbank in der Hohenstauf­engasse 3

Newspapers in German

Newspapers from Austria