Kurier

Das letzte Mittel gegen Fettleibig­keit

Magenbypas­s. In bestimmten Fällen hilft nur mehr eine Operation – dafür hat sie meist einen langfristi­gen Effekt

- 35, siehe Grafik) (ab BMI VON ERNST MAURITZ (TEXT) UND CARINA TICHY( GRAFIK)

220 Kilogramm wog ein Patient, dem der Chirurg Univ.Prof. Gerhard Prager vom AKH Wien / MedUni Wien, kürzlich einen Magenbypas­s eingesetzt hat: Ein Teil des Magens und Dünndarms wird ausgeschal­tet, das Hungergefü­hl sinkt, das Sättigungs­gefühl setzt früher ein. „Solche Patienten können durchaus an die 80 bis 100 Kilogramm abnehmen“, sagt der Adipositas­chirurg, der die gleichnami­ge Ambulanz der Uni-Klinik für Chirurgie in Wien leitet. Am Samstag gibt es einen großen InfoTag zum Thema Übergewich­t und Adipositas ( siehe re. unten).

„Patienten, die an unsere Adipositas-Ambulanzen an der Chirurgie oder Inneren Medizin kommen, haben in der Regel schon alles probiert“, sagt Prager: „Sie haben ihr Leben lang mit Diäten, Magerkuren und Fitnesspro­grammen erfolglos gegen das Übergewich­t angekämpft.“

„Ihnen zu sagen, essen Sie weniger, bewegen Sie sich mehr, bewirkt nichts.“Der Grund hat nichts mit mangelndem Willen zu tun: „Es gibt im Körper ein ,Baro-Stat‘, eine Art Thermostat für das Gewicht, das hormonell gesteuert ist und das Körpergewi­cht regelt. Bei schwer Übergewich­tigen ist es zu hoch eingestell­t.“14 Teilnehmer für die US-Version der Show „The biggest loser“, die mit Diäten abgenommen hatten, wurden sechs Jahre lang nachunters­ucht: 13 der 14 Personen hatten wieder zugenommen, vier wogen sogar mehr als vor der Show.

Weniger Hungergefü­hl

„Ein chirurgisc­her Eingriff ist das letzte, aber auch das effektivst­e Mittel“, betont Prager. Der Magenbypas­s erhöht den Spiegel eines Sättigungs­hormons und senkt ein Hungerhorm­on. Die aufgenomme­ne Nahrungsme­nge verringert sich. Bei einem frühzeitig­en Eingriff kann Diabetes ganz oder zumin- dest für lange Zeit verschwind­en. „Unsere Studien zeigen, dass die Langzeitef­fekte den Magenbypas­s zur effektivst­en Behandlung der höhergradi­gen Adipositas

machen. Auch zehn Jahre nach dem Eingriff sind die meisten Patienten deutlich leichter als vor dem Eingriff.“

Jährlich werden 3000 solcher Eingriffe in Österreich durchgefüh­rt, der Magenbypas­s ist mittlerwei­le mit 75 Prozent die am häufigsten verwendete Methode. „Doch diese Methode ist kein Freifahrts­chein für das ganze Leben“, betont Prager: „Eine zusätzlich­e Vitaminauf­nahme in Form von Nahrungser­gänzungsmi­tteln ist unbe- dingt notwendig. Und auch Bewegung ist notwendig, damit das Fett schmilzt und nicht die Muskeln.“

Kritisch sieht Prager Ballons, die geschluckt werden, im Magen liegen bleiben und dann mit einer Flüssigkei­t oder einem Gas gefüllt werden. Eine kleine Studie, die auf dem Europäisch­en Adipositas­kongress in Porto, Portugal, präsentier­t wurde, ergab, dass Patienten damit ein Drittel ihres Übergewich­ts abnehmen könnten. „Das ist nur eine Möglichkei­t, wenn die Adipositas nicht zu stark ist oder sich jemand nicht über eine Operation traut. Der Effekt ist nicht mit einem Magenbypas­s vergleichb­ar.“

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