Tanzen gegen die Machtstruktur
Die „antifaschistische Ballettschule“will den aktivistischen Körper wiederentdecken
Zehn junge Menschen suchen, auf einer Wiese hinter der Lugner City sitzend, eine direkte Verbindung von ihrer Stirn hinauf in den Himmel. Schreiben auf einen Zettel einen Wunsch der Veränderung. Schauen einander minutenlang in die Augen.
Und bekämpfen damit die faschistische Unterjochung des Körpers und den Zwang zum Funktionieren.
Ja, wir sind bei den Wiener Festwochen. Die „antifaschistische Ballettschule“will die Disziplinierung austreiben, um den aktivistischen Körper neu zu entdecken. Es soll in der Akademie des Verlernens ausgetrieben werden, was uns die Gesellschaft aufzwingt: der körperliche Gleichklang, auch die zwänglerische Leistungsvereinbarung, die wir mit unserem Körper haben.
Bis hin zur grobschlächtigen Unterteilung in abgegrenzte Geschlechter: Die beiden Künstlerinnen Magdalena Chowaniec und Elizabeth Ward nennen sich, einer doch auch wieder unfrei daherkommenden Ausformung der political correctness folgend, „Prof*X“, um eine Geschlechterzuordnung durch Grammatik zu vermeiden.
Shopping-Tempel
Diese neuen Freiheiten werden bei der antifaschistischen Ballettschule eigentlich in Shopping-Centern gesucht; jeder soll dort mitmachen können, wo uns sonst EinEuro-Sonderverkäufe, Hüpfburg und ZuckerwatteStand ins System locken.
Zum Auftakt aber übersiedelte man (leider) in den Park, und hatte dort zwar keine Zuseher, aber ein Parkleben als Hintergrund, das die Ballettschule selbst in den Schatten stellte. Aufgeregte Parkbuben liefen vorbei und redeten dabei aufgeregt ins Handy; sich durch Rundum-die-Uhr-Trainingsanzüge auch irgendwie dem Faschismus verweigernde junge Männer mit viel Tagesfreizeit gingen brav einen Bogen, um den Festwochen nicht durch die Kamera zu laufen. Ein Reporter saß daneben auf einer Parkbank.
Derweil absolvierte eine Handvoll Menschen, denen die Unterjochung durch das faschistische Leistungssystem nicht eben ins Gesicht geschrieben steht, gemeinsam ihr Exorzismus-Ritual gegen den Gleichklang. Wenig später dann liefen die Deep-Purple-Fans durch den Park in Richtung Stadthalle, auf der Suche nach einer ganz anderen Form der Freiheit.
Smoke On The Water, auch im Gleichklang.