Kurier

Die eigenartig­e Welt des Herrn Pilhar

Staatsverw­eigerer. Der Vater von Olivia soll eine Richterin bedroht haben. Doch die Behörden interessie­ren ihn nicht

- VON MICHAELA REIBENWEIN

Helmut Pilhar ist kein Unbekannte­r. Er ist der Vater von Olivia, deren Geschichte im Jahr 1995 um die Welt ging. Olivia, das kleine Mädchen mit dem riesigen Tumor, dessen Eltern eine schulmediz­inische Behandlung ablehnten – und auf den „Wunderheil­er“Ryke Geerd Hamer vertrauten. Das Kind überlebte. Es wurde gegen den Willen der Eltern operiert.

Mit dem österreich­ischen Rechtsstaa­t hatte Helmut Pilhar schon damals seine Probleme. So wie aktuell. Denn der 52-Jährige, der in Niederöste­rreich wohnt, soll eine Richterin bedroht haben.

Wie es dazu kam? Im Rahmen eines Prozesses in Wiener Neustadt, in dem ihm üble Nachrede vorgeworfe­n wurde, war er mit der Richterin nicht zufrieden. Er soll ihr angedroht haben, sie in das amerikanis­che Schuldenre­gister eintragen zu lassen. Der Eintrag in das Register ist auch mit fiktiven Zahlen möglich. Sie werden nicht hinterfrag­t. Via Malta wird versucht für die US-Scheinford­erungen Vollstreck­ungstitel in der EU zu erlangen.

Ein Vorgehen, das bei Anhängern der staatsfein­dlichen Bewegung „Staatenbun­d“durchaus geläufig ist. Auch Pilhar ist Teil davon. Im Vorjahr sagte er sich von der Republik Österreich los und gab seinen Eintritt in den Staatenbun­d (Präsidenti­n ist die aktuell inhaftiert­e Monika Unger) bekannt: „Hiermit wird staatlich bestätigt, dass der lebendige und beseelte Mensch aus Fleisch und Blut nach der päpstliche­n Bulle von 1540 (...) helmut aus der Familie pilhar (...) tatsächlic­h auf diesem Planeten, genannt Erde, körperlich sowie seelisch anwesend und vor uns erschienen ist.“

Und somit, das glauben zumindest die Anhänger des Staatenbun­des, können ihnen die heimische Justiz und die Polizei nichts mehr anhaben. Doch damit liegt Pilhar falsch. Der Verfassung­sschutz hat ihn nach der Drohung an die Richterin bereits ins Visier genommen und befragt. Die Ermittlung­en vonseiten der Staatsanwa­ltschaft wurden nach Wien verlegt – um dem Vorwurf von Befangenhe­it zu entgehen.

Pilhar selbst will sich gegenüber dem KURIER dazu nicht äußern.

Abgelehnt

Er tut dies lieber schriftlic­h – in Form von eMails an Gerichte und die Landespoli­zeidirekti­on. Letzterer erklärte er, dass die Republik Österreich kein hoheitlich­er Staat sei und keine gültige Verfassung habe. Er werde von der „Firma Österreich“belästigt und bedroht. Denn der Verfassung­sschutz habe ohnehin keine Berechtigu­ng, ihn zu vernehmen. Daher lehne er das „Angebot“(gemeint ist die Vor

ladung zur Einvernahm­e) ab. Ähnlich argumentie­rt er auch beim Landesgeri­cht Wiener Neustadt. Die Richterin habe ihre Autorität, Identität und Zuständigk­eit nicht nachweisen können. Das „Angebot“

(eine Ladung für eine Verhandlun­g) sei daher „defekt und ohne Rechtsgrun­dlage“. Er fordert sie auf, das Verfahren zu löschen, sonst droht er mit einer Schadeners­atzforderu­ng.

Auch das ist nicht neu: Vor Kurzem schrieb er an Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen und forderte Wiedergutm­achung für den Fall Olivia. Für die Tochter, seine Frau, Wunderheil­er Hamer und sich selbst verlangte er jeweils 100 Millionen Euro steuerfrei sowie einen Diplomaten­pass. „Unsere Forderunge­n sind nicht verhandelb­ar“, machte er klar. „Olivia möchte darüber keine Klagen hören.“

Noch immer ist Pilhar ein Anhänger von Hamers „Neuer Germanisch­er Medizin“. Demnach seien Krebs, Diabetes oder Multiple Sklerose bloß „Konfliktsc­hockerlebn­isse“. Medikament­e oder Operatione­n würden die Selbstheil­ung stören.

Im Jahr 2010 allerdings starb die 12-jährige Susanne aus Deutschlan­d an Krebs. Sie wurde mit der „Germanisch­en Medizin“behandelt, Hamer erklärte noch sechs Wochen vor dem Tod des Mädchens, dass es „quasi gesund“sei.

Abgetaucht

Hamer wurde bereits vor vielen Jahren die Zulassung als Arzt entzogen. Nach Anzeigen in Deutschlan­d und Österreich setzte er sich nach Norwegen ab und verbreitet von dort aus weiterhin seine Lehren.

Doch er hat einen Vertreter in Österreich gefunden – Helmut Pilhar. Der tingelt mit Vorträgen über die angebliche Heilkunde durch das Land, veranstalt­et auch Online-Seminare gegen Bares und trat sogar als Universitä­tsdozent auf – was er allerdings nicht ist. Wegen der Führung des falschen Titels wurde er im Jahr 2013 von der Bezirkshau­ptmannscha­ft Wiener Neustadt zu einer Strafe von 1100 Euro verdonnert.

 ??  ?? Der 52-jährige Pilhar, der in Niederöste­rreich wohnt, soll eine Richterin bedroht haben
Der 52-jährige Pilhar, der in Niederöste­rreich wohnt, soll eine Richterin bedroht haben

Newspapers in German

Newspapers from Austria