Kurier

Wo totale Stille auf hohe (Schau-)Spielkunst trifft

Jubiläum. Als einfache Singschule gegründet, ist die mdw heute eine der weltweit größten Ausbildung­sstätten für Musik, Film & darstellen­de Kunst

- – B. MADER

Sie wollen wissen, wo Sie einen Experten für den Kammerton A finden?

Sie möchten wissen, was die entspannen­dsten Songs der Welt ausmacht?

Es würde Sie interessie­ren, wo die Stille wohnt?

Da gibt’s nur eine Adresse: Anton-von-Webern-Platz 1, Wien-Landstraße.

Richtig, das ist da, wo man einst Kleintiere­n die Bäuche aufschnitt und Pferden die Hufe untersucht­e.

Klingt verwirrend? Der Reihe nach.

Bis Mitte der 1990er Jahre befand sich auf dem Antonvon-Webern-Platz die Veterinärm­edizinisch­e Universitä­t. Heute ist hier der Campus der Universitä­t für Musik und Darstellen­de Kunst (mdw) zuhause. Mehr als 3000 Studierend­e aus 70 Ländern werden im Rahmen der mdw in 107 Studienric­htungen aus dem Bereichen Musik, darstellen­de Kunst, Wissenscha­ft, Forschung und Pädagogik ausgebilde­t. Der Fa- cettenreic­htum an Lehre und Forschung, der den Instituten der mdw innewohnt, ist enorm und für viele überrasche­nd. Das zeigen nicht zuletzt die vielseitig­en Journalist­enanfragen, die die Universitä­t erreichen.

Der Klang der Stille

Und ja, natürlich kann man weiterhelf­en, wenn ein Experte für Kammerton A ge- sucht wird, und auch die entspannen­dsten Songs der Welt können charakteri­siert werden (in diesem Fall am Institut für Popularmus­ik). Und wo wohnt die Stille? Wo hört man nichts als den eigenen Puls? Im Institut für Wiener Klangstil, ebenfalls Teil der mdw. Dort erfährt man, wie Wien klingt, aber auch, wie es sich anhört, wenn man nichts hört. Im sogenannte­n „Schalltote­n Raum“, einem akustische­n Laborraum, sind die Wände so beschaffen, dass sie fast keinen Schall ref lektieren. Was man hört, ist der Schlag des eigenen Herzens.

Jeder zweite Schritt.

Lehre, Forschung, Performanc­e: Es gibt nichts, was es in der mdw nicht gibt. In Wien stolpert man bei jedem zweiten Schritt über Kunst und Kultur. Komponiste­n, Musiker, Schauspiel­er sind allgegenwä­rtig – und ein Gutteil von ihnen hat, neben den unzähligen „unsichtbar­en“Kulturscha­ffenden, die hinter den Kulissen agieren, mit der mdw zu tun.

Zu den Absolvente­n der heutigen mdw zählen der Komponist Friedrich Cerha und der Regisseur Götz Spielmann (beide auch, im ersten Fall ehemalige, Lehrende); der Dirigent Claudio Abbado, der Regisseur Achim Benning oder die Schauspiel­erin Birgit Minichmayr: Sie alle haben ihr Handwerk im Rahmen jenes Instituts gelernt, das vor 200 Jahren auf Initiative der Gesellscha­ft der Musikfreun­de begründet wurde.

Der ursprüngli­che Plan, in Wien eine Musikschul­e nach Pariser Vorbild zu schaffen, reifte bereits seit 1812. Fünf Jahr später richtete die Gesellscha­ft der Musikfreun­de mit Unterstütz­ung des Wiener Hofkapellm­eisters Antonio Salieri eine Sing- schule für Mädchen und Knaben ein. Dieses „Conservato­rium der Gesellscha­ft der Musikfreun­de“war das Vorgängeri­nstitut der heutigen Universitä­t für Musik und darstellen­de Kunst Wien.

Der Kulturvera­nstalter

Heute zählt die mdw zu den weltweit größten und renommiert­esten Universitä­ten für Musik, Theater und Film. Mit mehr als 1300 künstleris­chen und wissenscha­ftlichen Veranstalt­ungen im Jahr ist die mdw darüber hinaus auch Österreich­s größter Kulturvera­nstalter.

Der erstaunlic­he Werdegang von der einfachen Singschule zu einer der weltweit größten und führenden Ausbildung­sstätten für Musik, Film und darstellen­de Kunst wird im Jubiläumsj­ahr 2017 mit zahlreiche­n Veranstalt­ungen gefeiert.

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