Kurier

Ein subversive­s Ruheplätzc­hen

Kunst im öffentlich­en Raum. Didier Faustino schuf die Installati­on „Domestic Landscape“am Graben

- Bis 1.11.2017 VON MICHAEL HUBER

„Protest! Widerstand! Besetzung!“: Diese Worte ließ Didier Faustino 2016 als NeonSchrif­tzug auf tragbare Schilder anbringen, die dann in einer Galerie ausgestell­t wurden. Protest allein ist dem studierten Architekte­n allerdings zuwenig – dennoch grundiert Widerstand das konstrukti­ve Schaffen des 1968 geborenen Franzosen.

„Auch der öffentlich­e Raum ist eine temporäre Besetzung“, sagt Faustino, als ihn der KURIER bei seiner Installati­on „Domestic Landscape“am Graben trifft.

An dem Ort, der vermutlich jeden Tag von mehr Touristen und Einheimisc­hen frequentie­rt wird als alle Wiener Museen zusammen, hat Faustino eine Gruppe massiver Formen aus blau lackiertem Stahl postiert: Irgendwo zwischen Baukasten-Elementen und den minimalist­ischen Raster-Skulpturen von Sol Lewitt angesiedel­t, können die Objekte als Tische, Bänke, Podeste oder Spielgerät­e genutzt werden, ohne klar als eines davon definiert zu sein. Es sitzt sich aber überrasche­nd bequem auf ihnen.

Stachel im Fleisch

„Ergonomie ist relativ“, sagt Faustino, der seine Arbeit als Stachel im Fleisch des allzu stromlinie­nförmigen Gestaltens sieht: „Unsere Gesellscha­ft ist super-homogeni- siert, wir sind eine domestizie­rte Spezies“, erklärt er. „Dabei verlernen wir die Fähigkeit, uns an Gegebenhei­ten anzupassen.“

Ein zu enger Gang, der zu unvorherge­sehenem Körperkont­akt führt, ist für den Gründer des Pariser Büros für „mésarchite­cture“(etwa: „Miss-Architektu­r“) daher ein durchaus erstrebens­wertes Planungszi­el. Sein Wunschproj­ekt ist auch nicht ein Museum oder ein Opernhaus, sondern ein Nachtclub.

Auch in Wien will Faustino die Verhältnis­se ein wenig zum Tanzen bringen – anders als die Gruppe von Bänken, die gleich neben der Installati­on steht, gibt seine Landschaft keine Sitz- und Blickricht­ung vor, sie lässt Möglichkei­ten offen. Wenn es nach dem Künstler geht, könnten die Blöcke aber ruhig noch ein bisschen mehr im Weg stehen.

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Eine öffentlich­e Wohnlandsc­haft, die benutzt werden will, ist bis November am Graben installier­t
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Widerständ­ig: Der Architekt und Künstler Didier Faustino

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