Ein subversives Ruheplätzchen
Kunst im öffentlichen Raum. Didier Faustino schuf die Installation „Domestic Landscape“am Graben
„Protest! Widerstand! Besetzung!“: Diese Worte ließ Didier Faustino 2016 als NeonSchriftzug auf tragbare Schilder anbringen, die dann in einer Galerie ausgestellt wurden. Protest allein ist dem studierten Architekten allerdings zuwenig – dennoch grundiert Widerstand das konstruktive Schaffen des 1968 geborenen Franzosen.
„Auch der öffentliche Raum ist eine temporäre Besetzung“, sagt Faustino, als ihn der KURIER bei seiner Installation „Domestic Landscape“am Graben trifft.
An dem Ort, der vermutlich jeden Tag von mehr Touristen und Einheimischen frequentiert wird als alle Wiener Museen zusammen, hat Faustino eine Gruppe massiver Formen aus blau lackiertem Stahl postiert: Irgendwo zwischen Baukasten-Elementen und den minimalistischen Raster-Skulpturen von Sol Lewitt angesiedelt, können die Objekte als Tische, Bänke, Podeste oder Spielgeräte genutzt werden, ohne klar als eines davon definiert zu sein. Es sitzt sich aber überraschend bequem auf ihnen.
Stachel im Fleisch
„Ergonomie ist relativ“, sagt Faustino, der seine Arbeit als Stachel im Fleisch des allzu stromlinienförmigen Gestaltens sieht: „Unsere Gesellschaft ist super-homogeni- siert, wir sind eine domestizierte Spezies“, erklärt er. „Dabei verlernen wir die Fähigkeit, uns an Gegebenheiten anzupassen.“
Ein zu enger Gang, der zu unvorhergesehenem Körperkontakt führt, ist für den Gründer des Pariser Büros für „mésarchitecture“(etwa: „Miss-Architektur“) daher ein durchaus erstrebenswertes Planungsziel. Sein Wunschprojekt ist auch nicht ein Museum oder ein Opernhaus, sondern ein Nachtclub.
Auch in Wien will Faustino die Verhältnisse ein wenig zum Tanzen bringen – anders als die Gruppe von Bänken, die gleich neben der Installation steht, gibt seine Landschaft keine Sitz- und Blickrichtung vor, sie lässt Möglichkeiten offen. Wenn es nach dem Künstler geht, könnten die Blöcke aber ruhig noch ein bisschen mehr im Weg stehen.