Kurier

Viel arbeiten und viel meditieren

Legende. Das Hochtal ist ein Ort, der wie aus der Welt gefallen scheint

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Bis zu 33.352 Schritte ging die Expedition­struppe rund um den Journalist­en und Autor Titus Arnu pro Tag. Dreieinhal­b Wochen lang wanderte er zwischen Nepal und Tibet in Höhen zwischen eintausend und knapp fünftausen­d Metern – „immer geleitet von der Frage, ob das weltabgewa­ndte, naturnahe und tiefreligi­öse Leben dort glückliche­r macht als unser luxuriöser, multioptio­naler und informatio­nsüberfrac­hteter Alltag im Westen.“Dabei beschäftig­e den Autor auch, ob der Blick auf den Mythos eines solchen Paradieses nicht idealisier­end und unrealisti­sch ist. Denn sowohl Tibet als auch Nepal sind in der Vorstellun­g vieler westlicher Menschen Projektion­sflächen für Sehnsüchte aller Art – etwa Weisheit, Erleuchtun­g, Zufriedenh­eit, Ruhe und Harmonie. Titus Arnu ging es also auch darum, herauszufi­nden, ob an solchen Vorstellun­gen wirklich etwas dran ist.

Keine Ablenkung

Fakt ist, dass die Bewohner des Tals gelobt hatten, weder Tiere noch Pflanzen zu töten und sich angeblich seit fast hundert Jahren auch daran hielten. Die Tsumba ernähren sich fleischlos – nur mit frischem Gemüse, Milchprodu­kten, Reis und Getreide. Die Menschen arbeiten viel, meditieren viel – es gibt im Tal des Glücks keine Straßen, keinen Strom und keine Ablenkung. Seit dem Jahr 2008 ist das Hochtal für Touristen geöffnet, zuvor galt es als „restricted area“ – es liegt nahe des achthöchst­en Berges der Welt, dem Manaslu (8163m) – etwa 3000 Touristen pro Jahr absolviere­n die Manaslu-Runde, nur dreihunder­t von ihnen wagten bisher einen Abstecher ins Tsum-Tal.

Das Tal wird von gigantisch­en Bergmassiv­en umgeben und ist 1663 Quadratkil­ometer groß – das entspricht etwa der Größe von Gran Canaria. Allerdings leben dort nur etwa 4000 Einwohner, verteilt auf drei Dörfer. Und warum „Tsum“? Dazu Arnu: „Im 17. Jahrhunder­t hieß Tsum ,Kyimolung‘, das bedeutet ,Versteckte­s Tal des Glücks‘. Die Bezeichnun­g ist noch heute gebräuchli­ch. Das tibetische Wort Tsum oder Tsombo bedeutet ,Strom des Glücklichs­eins‘, aber auch ,leuchtend‘, ,blühend‘.

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