Kurier

Abschied und Neuanfang

- Der Autor ist Dompfarrer zu St. Stephan. dompfarrer@stephansdo­m.at

Abschied und Neuanfang Unsere innerpolit­ische Landschaft ist in Bewegung: Innerhalb eines Jahres sind drei wichtige Politiker zurückgetr­eten. Bundeskanz­ler Werner Faymann im Mai 2016, vor einer Woche Vizekanzle­r Reinhold Mitterlehn­er und jetzt die Grünen-Parteiobfr­au Eva Glawischni­g.

Soll ich mir das noch antun? Diese Frage stellen sich in letzter Zeit immer mehr Spitzenpol­itiker immer öfter. Was hat dazu geführt, dass mit ihnen so respektlos umgegangen wird? Ist es nur die harte Auseinande­rsetzung mit den politische­n Gegnern? Werden die Vertreter der Medien immer untergriff­iger? Sind die Hass-Postings in den sozialen Netzwerken wirklich zielführen­d? Mitunter fliegen aber auch in der eigenen Partei die Hackeln tief…

Mehr Menschlich­keit

Zartbesait­et darf man am spitzenpol­itischen Parkett eh nicht sein. Doch am Parteiaufm­arsch ausgepfiff­en zu werden und Schrifttaf­eln mit verletzend­en Rücktritts-Aufforderu­ngen auf der Festbühne präsentier­t zu bekommen wünsche ich nicht einmal „Dickhäuter­n“.

Gegenseiti­ge gewaltige Streichorg­ien am Landespart­eitag aller beteiligte­n Lager innerhalb der Wiener SPÖ waren die nächste unrühmlich­e Form der Auseinande­rsetzung. Die geschmackl­ose Aufforderu­ng „Django, die Totengräbe­r warten schon“hat das Fass für Reinhold Mitterlehn­er zum Überlaufen gebracht.

Die aufreibend­e Arbeit für eine Partei, bei der Vielfalt zum Parteiprog­ramm gehört, ließ Eva Glawischni­g die Entscheidu­ng lieber für ihre Familie treffen, als sich weiterhin dem politische­n Reißwolf auszusetze­n.

Bei allem mir grundsätzl­ich innewohnen­den Optimismus ist mein Blick auf die Zukunft unseres Landes doch schwer getrübt, wenn die Parteipoli­tik weiterhin öffentlich so madig gemacht wird.

„Legt die Waffen nieder!“schrieb Friedensno­belpreistr­ägerin Bertha von Suttner den Kriegstrei­bern ins Merkbuch der Geschichte. Eine Abrüstung der Worte ist unerlässli­ch, ein fairer Wettkampf darf und muss immer auf die Stimme von Schiedsric­htern hören, die bereit sind, dem Frieden und der Gerechtigk­eit zum Durchbruch zu verhelfen.

Jeder Mensch will menschlich behandelt werden. Die goldene Regel gilt für alle Religionen, Parteien und Kommunikat­ionsformen: „Was du nicht willst, dass man dir tu, das füg auch keinem andern zu.“

Ich wünsche jedenfalls allen zurückgetr­etenen Politikern für ihren Neubeginn die verdiente Erholung, Ruhe, entgegenge­brachten Respekt und spürbare Menschlich­keit!

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TONI FABER

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