Zwiegespräch mit einem Hund
Gute Zuhörerin. „ Mit Hunden kann man sich nicht unterhalten“, sagt die Tochter. Hat die eine Ahnung!
„Möchtest du noch Karotten zum Fleisch? ... Wir machen jetzt Mittagspause und später gehen wir laufen ... Einverstanden?“
Das Kind rennt die Stiege rauf und ruft schon auf halber Höhe: „MAMA, MIT WEM REDEST DU?“Ich versuche cool zu bleiben und sage, als wäre es das Normalste von der Welt: „Mit Daria. – Und ,Hallo!‘ übrigens.“
Mein Gruß bleibt unerwidert. Der erste Teil meiner Rede nicht: „Mama, BITTE! Daria ist ein Hund. Mit Hunden kann man sich nicht unterhalten. Oder wirst du jetzt auch eine von diesen Komikern, die sagen: ,Mein Hund versteht jedes Wort.‘?“Ich nicke: „Ist doch so.“Die Tochter ringt nach Luft: „Das ist doch lächerlich. Wenn du einsam bist, komm runter und rede mit mir!“
Ich bedanke mich für das Redeangebot und schweige. Seit sie sprechen kann, sind derartige Diskussionen mit der Cheftechnokratin des Hauses nicht zu gewinnen. Daria und ich schätzen das gute Gesprächsklima, das derzeit zwischen uns herrscht, und außer uns beiden geht das keinen etwas an. Seit ihr Herrl für längere Zeit verreist ist, verbringen Daria und ich viel Zeit zu zweit. Da kommt man eben ins Reden.
Und sie ist eine wunderbare Zuhörerin, redet – im Unterschied zur Tochter – nicht in Raketenstartlautstärke zurück, bleibt immer ruhig, zeigte bisher Verständnis für alles, was ich ihr erzählt habe, und nicht einmal Anzeichen von Eifersucht, als ich ihr neulich gestand, wie ich mich auf meiner letzten Reise in einen Basset verliebt habe. Er hieß Henry, stand plötzlich in meinem Zimmer, und sein Blick war so durchdringend Daria-artig, dass ich binnen Sekunden Heimweh bekam. Ehrlich: Es war harmlos. Henry und ich gingen gemeinsam spazieren, ich streichelte seine Ohren, er lag neben mir auf der Couch. Mehr war nicht. Trotzdem hatte ich lange Zeit Hemmungen, Daria zu erzählen, dass ich einen anderen Hund ins Herz geschlossen habe.
Sie fand nichts dabei. Vor allem die Stelle, als Henry mich eroberte, weil er mich an Daria erinnerte, gefiel ihr. Ich zeigte ihr ein Foto von Henry auf meinem Handy (zum Glück war die Tochter gerade nicht in der Nähe), und alles war gut.
Daria und ich werden uns weiterhin miteinander unterhalten. In Zukunft vielleicht etwas leiser, wenn die Tochter zu Hause ist.