Erdoğan nimmt Spitzensportler ins Visier
Gülen-Anhänger. NBA-Profi Kanter wurde der türkische Pass annulliert, Rumänien verweigerte ihm die Einreise
Der türkische Basketballprofi Enes Kanter macht kein Geheimnis daraus, dass er ein Anhänger des erzkonservativen Predigers Fethullah Gülen ist. Den türkischen Präsidenten, Recep Tayyip Erdoğan, bezeichnete er als „Diktator“und „Hitler unseres Jahrtausends“. „Er hat in Washington Leute attackiert. Er ist ein schlechter, schlechter Mann“, sagte Kanter in einem Video, aufgenommen am Flughafen Bukarest. Dort saß der 25-jährige Ausnahmesportler amWochenende stundenlang fest, weil sein türkischer Pass annulliert worden war.
Erst am Sonntag konnte Kanter zurück in die USA fliegen. Kanter sieht seine politischen Ansichten als Grund für den Vorfall. Rumäniens Außenminister Teodor Melescanu sagte, sein Land habe keine andere Wahl ge- habt, als die Entscheidung der Türkei zu respektieren. Melescanu war am Sonntag ausgerechnet in Istanbul bei einem Treffen der Wirtschaftsorganisation der Schwarzmeer-Staaten.
Vom Vater verstoßen
Kanter hatte Erdoğan öffentlich kritisiert. Nach dem Putschversuch im Juli, für den Erdoğan die Gülen-Bewegung verantwortlich macht, verstieß ihn sein Vater und forderte den NBA-Profi bei den Oklahoma City Thunders auf, einen anderen Nachnamen anzunehmen. In die türkische Nationalmannschaft wird Kanter nicht mehr berufen.
Er teilt damit das Schicksal eines anderen Oppositionellen: Fußball-Legende Hakan Sükür, 45, der Rekordtorschütze von Galatasaray Istanbul wird in der Türkei per Haftbefehl gesucht – wegen „Mitgliedschaft in einer bewaffneten Terrorgruppe“. Auch der „Bulle vom Bosporus“bekennt sich zur GülenBewegung und lebt mittlerweile im US-Exil. Weil sich sein Verein mit ihm solidarisierte und ein Antrag, ihm die Vereinsmitgliedschaft zu entziehen, bei einer Mitgliederversammlung im März glorios gescheitert war, drohte die türkische Regierung: „Wenn Galatasaray solche Figuren schützt, wird Galatasaray sich selbst ruinieren“, sagte Vize-Premierminister Vey- si Kaynak im Interview mit CNNTürk. Darauf hin ging der Verein in die Knie und entzog Sükür und seinem ehemaligen Mitspieler Arif Erdem sowie 2750 Fans von Galatasaray Istanbul die Vereinsmitgliedschaft. Offizielle Begründung: Sie hätten ihre Beiträge nicht bezahlt. Als Sükür die ausstehenden Beiträge nachzahlen wollte, wurde dies abgelehnt. Der lange Arm des Sultans reicht bis in den Spitzensport.