Kurier

„Es geht immer um Menschenle­ben“

NÖ/Burgenland. Verhandler der Polizei sind da, um Krisen unblutig zu beenden. Ein Experte erzählt aus dem Alltag

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Es war ein Ende, wie es sich die Polizei gewünscht hatte. Am 12. Mai 2017 konnte eine Geiselnahm­e nach einem Banküberfa­ll in Erpfendorf (Tirol) von der Cobra unblutig beendet werden. Schlüssel zum Erfolg waren geschulte Verhandler, die den Täter zur Aufgabe überreden konnten. Oliver Wilhelm ist Leiter der Verhandlun­gsgruppe Ost (NÖ sowie Nord- und Mittelburg­enland). Pro Jahr absolviere­n die Spezialist­en bis zu 20 Einsätze. KURIER: Wie beginnt man eigentlich ein Gespräch mit jemandem, der eine Geisel hält, oder der sich in einer Gefahrensi­tuation befindet? Oliver Wilhelm: Diese Situatione­n sind sehr emotionsge­laden. Wichtig ist, von einer emotionale­n auf eine rationale Ebene zu kommen. Verspüren Sie als Verhandler Druck? Natürlich, wir sind ja auch Menschen mit Emotionen. Es geht ja immer um Menschenle­ben. Und es geht dabei nicht nur umjene, die bedroht werden, sondern auch immer um das Leben des Täters oder der Person, die sich das Leben nehmen will. Wie schnell merken Sie, dass es keinen Sinn mehr hat, weiterzuve­rhandeln? Das ist völlig unterschie­dlich, weil kein Einsatz dem anderen gleicht. Wir haben mit Geisellage­n zu tun, aber auch mit Personen, die sich verbarrika­diert haben. Und mit Menschen, die Suizid begehen wollen. Immer wieder hört man, dass in Verhandlun­gen auch Bezugspers­onen des Täters miteinbezo­gen werden. Lässt sich dadurch eine Situation besser klären? Das würde ich nicht sagen. Es gibt Fälle, wo das völlig kontraprod­uktiv sein kann. Stellen Sie sich zum Beispiel vor, dass jemand die Kontrolle über sich verliert, weil eine Scheidung im Raum steht. Ich glaube nicht, dass er in dieser Situation mit seiner Gattin sprechen will. Wie wird man eigentlich Verhandler? Grundsätzl­ich sollte man viel Einfühlung­svermögen und kommunikat­ive Fähigkeite­n mit sich bringen. Die Zentrallei­tung ist im Bundeskrim­inalamt angesiedel­t. Man muss die mehrwöchig­e Grundausbi­ldung zum Verhandler absolviere­n und regelmäßig Fortbildun­gen besu- chen. Diese Ausbildung gehörte übrigens zu einer der Besten, die ich in meiner bisherigen Zeit als Polizist machen durfte. An welchen Einsatz erinnern Sie sich besonders zurück? Die Geiselnahm­e in der Bezirkshau­ptmannscha­ft Klosterneu­burg war eine extrem fordernde, schlussend­lich wurde sie aus unserer Sicht aber im Hinblick auf die Geiselbefr­eiungen in der Zusammenar­beit mit der Cobra erfolgreic­h bewältigt; einziger Wermutstro­pfen war, dass sich der Täter umgebracht hat. Wie hilft Ihnen ihr Verhandlun­gsgeschick im privaten Bereich? (lacht) Ich darf ihnen verraten, dass ich seit vielen Jahren verheirate­t bin, aber hier komme ich mit meinen Wünschen nicht immer durch. Im Privatbere­ich sind immer andere persönlich­e Dynamiken vorhanden.

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