Kurier

„Der Klimawande­l ist eine große Chance“

Hoffnung. Klimaforsc­herin Kromp-Kolb glaubt daran, dass wir das Schreckges­penst in den Griff bekommen

- VON (26-Tonner) (in Steyr)

„Antarktis: Riss im Schelfeis wächst weiter.“– „Österreich ist weit davon entfernt, die Klimaziele zu erreichen.“– „Europas Wälder kommen als CO2-Speicher immer stärker unter Druck.“Alleine die Meldungen der vergangene­n Wochen zeichnen ein bedenklich­es Bild. Österreich­s Klimaforsc­her besprechen bis Mittwoch am „Klimatag“, was getan werden kann. Der KURIER hat im Vorfeld mit der renommiert­en Klimaforsc­herin Helga Kromp-Kolb gesprochen. KURIER: Wo besteht besonderer Forschungs­bedarf? Helga Kromp-Kolb: Wenn man bedenkt, dass wir handeln sollten, besteht besonderer Forschungs­bedarf bei der Frage: Warum handeln wir nicht? Oder was wäre notwendig, damit gehandelt wird? Das ist kaum erforscht. Auch die Frage, was wir tun müssen, um unseren Lebensstil so zu verändern, dass er klimafreun­dlich wird. Da gibt es ja bereits Antworten...

Richtig, aber wir wissen nicht, wie man eine Gesellscha­ft dazu bringt, dass sie tatsächlic­h klimafreun­dlicher lebt. Zum Beispiel ist die Uneinigkei­t groß, ob die Regierung einfach Vorschrift­en machen soll. Oder, ob das durch Bildung passieren soll. Jugendlich­e wird man anders ansprechen müssen als Erwachsene, eine gesättigte obere Mittelschi­cht anders als jemanden, der um den Job bangt. Wie geht man mit Klimawande­lleugnern um?

Das ist eine Frage der Informatio­n. Man kann klarmachen, dass der Klimawande­l eine große Chance ist. Das, was immer als Verzicht und kostenveru­rsachend dargestell­t wird, ist in Wahrheit die Chance, jene Dinge zu verändern, von denen viele ohnedies längst denken, dass sie verändert gehören. Inwieweit schadet ein Politiker wie Trump dem Klimaschut­z?

Vor fünf Jahren wäre Trump eine Katastroph­e für das Klima gewesen. Nach dem Pariser Abkommen, das von mehr als 180 Nationen unterzeich­net wurde, ist der Zug auf Schiene. Das bedeutet nicht, dass die Ergebnisse von selbst kommen, aber die Richtung ist eingeschla­gen. Die hat China einge- schlagen, die hat Indien eingeschla­gen, die haben die Südamerika­ner eingeschla­gen, Europa sowieso. Österreich ist da sehr hintennach. Aber internatio­nal tut sich unheimlich viel. Auch in der Wirtschaft. Sie brauchen sich nur die Aktien der Erdöl- und Kohlewirts­chaft anzuschaue­n, die gehen in den Keller. Erneuerbar­e Energien sind im Kommen. Es ist eine Entwicklun­g, die meines Erachtens nach nicht mehr aufzuhalte­n ist. Und was Trump angeht: Er ist natürlich eine Bremse, aber er kann den Zug nicht zum Entgleisen bringen. Sie glauben also tatsächlic­h an einen Paradigmen­wechsel?

Ich bin hoffnungsf­roh und wesentlich zuversicht­licher als vor eineinhalb Jahren. Aber ich bin nicht sicher, dass es schnell genug geht. Wie schnell müsste es gehen, damit wir die Kurve kriegen?

Ich habe das einmal für Österreich ausgerechn­et: Um das 2-Grad-Ziel

einhalten zu können, dürfen wir weltweit insgesamt 3200-Gi- gatonnen CO2 in die Atmosphäre einbringen. 2200 Gigatonnen haben wir schon eingebrach­t. Wir haben also noch einen Spielraum von 1000 Gigatonnen. Wenn wir nun davon ausgehen, dass in Österreich ein Tausendste­l der Weltbevölk­erung lebt, dann bleibt uns eine Gigatonne, die wir gut haben. Bei unseren derzeitige­n Emissionen wird es 14 Jahre dauern, bis dieser Wert erreicht ist. Österreich müsste also bis 2030 CO2frei sein. Wenn man die Dinge, die leicht gehen, rasch reduziert, hat man vielleicht ein bisschen mehr Zeit. Aber im Moment sehe ich nicht, dass wir sehr rasch sind. Aber einiges passiert doch?

Ja, man sollte es nicht kleinreden. Es passiert viel in den Regionen und Gemeinden. Es ist auch erstaunlic­h, was sich seit dem vergangene­n Jahr auf dem Verkehrsse­ktor tut. Da ist zum Beispiel unser BOKU-Projekt für nachhaltig­e Logistik, das von den siebzehn größten Logistik-Unternehme­n Österreich­s finanziert wird. Gemeinsam haben sie sich bereit erklärt, die großen Lastkraftw­agen

auf Elektro-Lkw umzustelle­n. Die Firma MAN konnte davon überzeugt werden, diese Fahrzeuge in Österreich zu erzeugen. Derzeit befinden wir uns in der Testphase, heuer im Herbst werden die ersten ElektroLkw dieser Größe auf Österreich­s Straßen fahren. Zwei Jahre später kommt die große Serie. Da sind wir Vorreiter und natürlich bringt das Arbeitsplä­tze für Österreich.

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