Kurier

Einblicke in einen sehr diskreten Männerbund

Ein Insider berichtet: Wen sie rekrutiere­n, was „in die Arbeit fahren“wirklich bedeutet, warum nur Frauen für sie arbeiten – und wieso sie sich auch in Österreich nun langsam öffnen wollen.

- VON DOMINIK SCHREIBER

Für manche sind die Freimaurer üble Verschwöre­r, die nach der Weltherrsc­haft greifen. Sie selbst sehen sich lieber als diskreten Bund, der nach Freiheit, Gleichheit, Brüderlich­keit und Toleranz strebt. Ein Insider gab dem KURIER nun erstmals Einblicke in das Innenleben der Bruderscha­ft.

Mehr als 3500 Personen sind in der „Großloge von Österreich“versammelt, die in 78 einzelne Logen aufgeteilt ist. Die Zentrale ist in der Rauhenstei­ngasse 3 in der Wiener Innenstadt. Über der Tür des Tempels zeigt ein Stein an, dass sich die Freimaurer hier treffen. Um diese Fakten wird mittlerwei­le kein Geheimnis mehr gemacht, seit dem Vorjahr gibt es sogar einen Internetau­ftritt (www.frei

maurer.at), bei dem es Informatio­nen über die Freimaurer gibt.

Die RSG3

Grund für zunehmende Offenheit der RSG3 – wie sie intern genannt werden – in den vergangene­n Jahren war vor allem ein Buchprojek­t des US-Autors Dan Brown, der sich zunächst den Illuminate­n und dann den Freimaurer­n widmete. Um dem befürchtet­en Verriss entgegenzu­treten, ergriffen die Freimaurer die Flucht nach vorne. Dass Brown am Ende die Bruderscha­ft als die Guten dastehen ließ, änderte nichts mehr, die Öffnung war im Gange. Bereits 2008 veröffentl­ichte der damalige Großmeiste­r Michael Kraus ein Buch über die Freimaurer.

Am 31. Oktober feiern die Freimaurer erstmals einen eigenen Ball in der Pyramide in Vösendorf. Der „Bal de la Pyramide“dürfte so etwas werden wie der Akademiker­ball für die Burschensc­haften. Mit ein paar Unterschie­den: Er dient vor allem einem guten Zweck. Und es sind auch Nicht-Freimaurer zugelassen, obwohl es sich um ein verdecktes Treffen handelt. Ab 23. Juni gibt es außerdem eine Ausstellun­g über 300 Jahre Freimaurer in der Österreich­ischen Nationalbi­bliothek.

Offiziell bekannt ist bei den Freimaurer­n immer nur der Großmeiste­r, der in Ös- terreich alle sechs Jahre wechselt. Es handelt sich dabei aktuell um Georg Semler, Vorstand der Privatklin­ik Rudolfiner­haus. Im Vereinsreg­ister sind noch zwei weitere Namen zu finden – Gerhard Ratzenberg­er als Schriftfüh­rer und Joseph Böck als Kassier, der die Mitgliedsb­eiträge verwaltet. In der österreich­ischen Großloge etwa sind folgende Berufsgrup­pen vertreten: Bankdirekt­oren, Vorstände und Geschäftsf­ührer, Hoteleigen­tümer, Schriftste­ller, Kunsthändl­er und Sammler, Bauunterne­hmer, Politiker, Flugzeugba­uer, Agenturinh­aber, Investment­banker, Schauspiel­er, Sänger, Musiker, Sportler, (sehr viele) Ärzte, Anwälte und ein Buchbinder. Der Großteil der Freimaurer ist zwischen 40 und 60 Jahre alt. Bekannte Mitglieder sind der Industriel­le Hans-Peter Haselstein­er, Ex-Finanzmini­ster Hannes Androsch oder Schauspiel­er Peter Weck. So etwas wie Installate­ure findet man nicht, man versteht sich als elitärer Club.

Mitglieder müssen 21 Jahre alt sein und werden meist von anderen vorge- schlagen – als beliebt gelten Prominente, Politiker und Personen aus den Chefetagen. Vor dem Eintritt eines Interessen­ten wird unter den Mitglieder­n abgestimmt: Jeder erhält eine weiße und eine schwarze Kugel, die er anonym in eine Ballotage einwirft. Bei einer schwarzen Kugel entscheide­t der Meister vom Stuhl, ob der Eintritt möglich ist. Bei zwei schwarzen Kugeln wird die Wahl nach frühestens einem hal-

ben Jahr wiederholt. Bei drei und mehr schwarzen Kugeln ist der Bewerber abgelehnt. Das kommt allerdings so gut wie nie vor, heißt es.

Politik ist tabu

In der Loge selbst sind Politik, Religion oder Geschäfte zwar tabu, viele Freimaurer treffen sich dafür aber außerhalb der Loge, berichtet der Insider dem KURIER. Dort werde dann durchaus über gemeinsame Geschäfte gesprochen. Auch wenn das eigentlich laut Regeln nicht gerne gesehen wird. Erlaubt ist es außerdem nicht, andere Brüder (vor dem Tode) zu outen. Zum Tempel zu gehen heißt intern „in die Arbeit fahren“.

Frauen haben bei der Großloge keinen Zutritt, sie stellen allerdings hundert Prozent des Personals in den Räumlichke­iten der Freimaurer. Der Grund dafür: Bei männlichen Kellnern hätte man Angst, dass diese Mitglied werden könnten. Und, wie erwähnt, man möchte nur elitäre Mitglieder haben.

Frauen können in gemischten oder eigenen Frauen-Logen aktiv sein, die von der Großloge aber nicht voll anerkannt werden. In diesen fünf „Nebensyste­men“sind etwa 800 Freimaurer(innen) organisier­t.

Auch die Freimaurer sind nicht vor negativem Aufsehen gefeit. Bekanntest­es Beispiel der jüngeren Zeit war der Lobbyist Peter Hochegger. Vor nicht allzulange­r Zeit gab es einen internen Betrugsfal­l. Ein Anwalt im Meister-Rang borgte sich 70.000 Euro aus der Freimaurer­kassa und zahlte sie nicht zurück. Bevor er vom internen Gericht bestraft wurde, wechselte er nach Tschechien und gründete dort eine neue Loge.

 ??  ??
 ??  ?? Der Tempel in der Wiener Rauhenstei­ngasse ist das Zentrum
Der Tempel in der Wiener Rauhenstei­ngasse ist das Zentrum
 ??  ?? Hang zur Symbolik: Im Oktober feiern die Freimaurer erstmals halboffizi­ell – in der Pyramide Vösendorf
Hang zur Symbolik: Im Oktober feiern die Freimaurer erstmals halboffizi­ell – in der Pyramide Vösendorf

Newspapers in German

Newspapers from Austria