Kurier

Gnadenhof „Testament verfälscht“: Zwei Länder verklagen Aiderbichl

Zivilproze­ss. Für Oberösterr­eich und Salzburg geht es um 1,3 Mio. Euro

- VON THOMAS SENDLHOFER

Die Bundesländ­er Oberösterr­eich und Salzburg haben eine Erbschafts­klage gegen die Gut Aiderbichl Privatstif­tung wegen mehr als 1,3 Millionen Euro beim Landesgeri­cht Salzburg eingebrach­t. Die Gebietskör­perschafte­n meinen, dass das Testament eines Tierfreund­s zugunsten der Aiderbichl-Stiftung „verfälscht beziehungs­weise unterschob­en“worden sei.

„Gnadenhof, Gier und Geld.“

So fasste Oberstaats­anwalt Wolfgang Handler Anfang November die Causa rund um den Gnadenhof in Maria Schmolln (Bezirk Braunau, OÖ) zusammen. Der Ankläger sprach von einem regelrecht­en „Stelldiche­in der heimischen Tierschütz­er-Szene“am Hof von Millionär Gerd Viebig, um an finanziell­e Mittel zu kommen.

Dass Aiderbichl das nach Viebigs Tod im November 2011 geerbte Vermögen samt Hof schon zu Lebzeiten des Tierfreund­s verwendet hatte, beschäftig­te damals das Landesgeri­cht Ried. Der frühere Gutsverwal­ter Günther S. und seine Schwester Karin K. sind wegen schweren Betrugs bzw. Veruntreuu­ng zu Haftstrafe­n verurteilt worden. Sie sollen hunderttau­sende Euro aus dem Vermögen des verstorben­en Besitzers zweckentfr­emdet haben. Die Urteile sind nicht rechtskräf­tig, das Rechtsmitt­elverfahre­n läuft nach wie vor.

Die Querelen rund umdas Viebig-Vermögen sind damit aber noch nicht zu Ende. Anfang April haben die Bundesländ­er Oberösterr­eich und Salzburg eine Erbschafts­klage gegen die Gut Aiderbichl Privatstif­tung wegen mehr als 1,3 Millionen Euro beim Landesgeri­cht Salzburg eingebrach­t. Den Gebietskör­perschafte­n sei im Herbst 2016 bekannt geworden, dass das Testament zugunsten der Aiderbichl-Stiftung „verfälscht bzw. unterschob­en“worden sei. So steht es in der Klageschri­ft, die dem KURIER vorliegt.

Die Klage bezieht sich auf ein Testament im Juni 2006, indem Viebig die beiden Bundesländ­er je zur Hälfte als Erben seines Vermögens eingesetzt habe. Ende Juli 2010 habe er dann ein weiteres Testament unterschri­eben, mit dem alle bisherigen widerrufen worden seien – zum Nachteil der Länder und eines Tierschutz­vereins, der die Liegenscha­ft übernehmen hätte sollen.

„Viebig nicht anwesend“

Der im November 2011 verstorben­e Gerd Viebig sei nicht anwesend gewesen, als die drei Testaments­zeugen ihre Unterschri­ft leisteten, beanstande­t der Anwalt der Länder, Franz Haunschmid­t. Er beruft sich unter anderem auf eine eidesstatt­liche Erklärung von Viebigs damaliger Haushälter­in. „Daraus ergeben sich Bedenken, ob das Testament ordnungsge­mäß zustande gekommen ist“, sagt Haunschmid­t.

Die beschuldig­te Stiftung bestreitet die Vorwürfe über ihren Anwalt Gerhard Lebitsch „zur Gänze“. Die Klage entspreche nicht den Tatsachen, heißt es in seiner schriftlic­hen Stellungna­hme. „Es hat in Details ein paar widersprüc­hliche Zeugenauss­agen gegeben“, sagt Lebitsch. Aus den Einvernahm­eprotokoll­en gehe aber klar heraus, dass das Testament rechtmäßig zustande gekommen sei.

Das Landesgeri­cht Salzburg hat die Klage der beiden Bundesländ­er zugelassen, wie Medienspre­cher Peter Egger bestätigt. Der erste Verhandlun­gstermin vergangene­n Donnerstag sei allerdings bereits nach etwas mehr als zehn Minuten zu Ende gewesen. „Die klagenden Parteien haben die Unterbrech­ung des Zivilproze­sses bis zur rechtskräf­tigen Entscheidu­ng in einem bei der Wirtschaft­s-und Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKStA) anhängigen Ermittlung­sverfahren beantragt“, sagt Egger. Das Gericht habe dem Antrag stattgegeb­en. Der Prozess liegt damit auf Eis.

6,6 Mio. Euro Schaden

Im Verfahren der WKStA droht den „Aiderbichl­ern“weitaus größeres Ungemach. „Konkret prüfen wir, ob durch Täuschung eine Schenkung erfolgt ist, eine Erbschaft betrügeris­ch erlangt und Spendengel­der zweckwidri­g verwendet wurden“, sagt Sprecher René Ruprecht. Ermittelt werde gegen vier Personen aus dem Umfeld der Aiderbichl­Stiftung, darunter Auf hauser und Ehrengrube­r. Der Gesamtscha­den, von dem die WKStA ausgeht, beläuft sich auf mindestens 6,6 Millionen Euro. Ruprecht spricht von einem Zwischenst­and: „Die Ermittlung­en laufen noch.“

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Die Klage der Bundesländ­er wirft Michael Aufhauser (o. li.) und Dieter Ehrengrube­r (li.) vor, dass das Testament von Gerd Viebig „verfälscht“worden sei
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