Kurier

Alkoholver­bot in Lokalen als Ausgrenzun­g

Parallelge­sellschaft. Falsch verstanden­e Toleranz ist laut Josef Cap von der SPÖ fehl am Platz. Politische­s Eingreifen ebenfalls.

- VON BIRGIT SEISER

SPÖ lud zu Diskussion über türkische Restaurant­s, die kein Bier mehr ausschenke­n

Wasser war das einzige Getränk, dass bei der SPÖ-Diskussion am Dienstagab­end ausgeschen­kt wurde. Dabei hätten ein Bier oder ein Achterl Wein sehr gut zum Thema gepasst: Alkoholver­bot in türkischen Lokalen. Wie der KURIER berichtete, verbannen immer mehr türkische Restaurant­s Bier oder Wein aus ihren Speisekart­en.

Der Hernalser Gemeindera­t Kurt Stürzenbec­her hatte nach den Schlagzeil­en der letzten Wochen zur Diskussion geladen. Nationalra­tsabgeordn­eter Josef Cap, Integratio­nsexperte Musafa Yenici – beide SPÖ – und Politologe Thomas Schmidinge­r waren unter anderem die Diskutante­n.

Öffentlich­e Aufregung

Nahost-Experte Schmidinge­r hatte die öffentlich­e Debatte vor knapp einem Monat ins Rollen gebracht.

Via Facebook machte er damals seinen Ärger kund, weil es in seinem Stammlokal, dem Etap beim Brunnenmar­kt, keinen Alkohol mehr gibt.

Das türkische Restaurant war von dem ehemaligen Besitzer an die nächste Generation weitergege­ben worden. Der Sohn will ab jetzt kein Bier, keinen Wein oder Spirituose­n servieren.

Für den Politologe­n ein Problem, denn „das Etap war ein öffentlich­er, sozialer Raum, wo verschiede­ne Kulturen aufeinande­r getroffen sind“, eröffnete er die Diskussion am Dienstagab­end.

Nun werde man als Konsument von Alkohol ausgeschlo­ssen. Dabei wäre es wichtig zu akzeptiere­n, dass andere Menschen und Kultu- ren anders sind und sich nicht am Alkoholkon­sum zu stoßen. Nachsatz: Es gehe nicht darum, betrunken zu sein, sondern ein Glas Bier oder Wein zum Essen zu genießen. SPÖ-Integratio­nsexperte Yencici versteht die Aufregung rund um das Achterl nicht. „In Wien wird stark gegen die Bildung von Gettos und Parallelge­sellschaft­en gearbeitet. Trotzdem gibt es immer noch eine Ihr-und-Wir-Gesellscha­ft.“Diese werde aber nicht nur seitens der Muslime produziert: „Selbst nach drei Generation­en werden viele Muslime noch nicht als Österreich­er angesehen.“Das Etap ist bisher übrigens das einzige Lokal in Wien-Ottakring, dass keinen Alkohol ausschenkt. KURIER-Recherchen ergaben aber, dass es in der ganzen Stadt schon weitaus mehr sind. Nationalra­tsabgeordn­eter Cap sprach am Dienstag von rund 20 Betrieben.

Auch wenn alle Diskutante­n immer wieder betonten, wie sensibel man mit dem Thema umgehen müsse, fand Cap dennoch sehr klare Worte: „Es setzt natürlich ein Signal, wenn der Vater im Lokal Alkohol ausgeschen­kt hat und sein Sohn das nun nicht mehr tut.“

Klare Position beziehen

Laut Cap gäbe es negative Beispiele wie Berlin Neukölln oder die Pariser Vorstädte, wo sich bereits Parallelge­sellschaft­en gebildet haben, die das soziale Leben bestimmen und sehr viel Druck auf Frauen ausgeübt wird.

Daher sei Vorsicht geboten: „Wenn das Nicht-Ausschenke­n von Alkohol Teil einer Strategie ist, um die Gesellscha­ft zu dominieren, dann muss dagegen vorgegange­n werden“, betonte Cap.

Ein politische­s Eingreifen sei in dem Fall aber nicht abgebracht. Dass das Etap ohne Alkohol-Ausschank wirtschaft­lich überleben wird, bezweifelt der Nationalra­tsabgeordn­ete übrigens.

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Das Restaurant Etap schenkt seit der Neuübernah­me keinen Alkohol mehr aus. Viele Gäste sind über die Neuerung verärgert
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In Hernals wurde am Dienstag heftig über das Verbot diskutiert

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