30 Tage Haft für Nawalny wegen Aufrufs zu Protesten
Justiz. Dutzende warten nach Demos auf Urteil
Jener Mann, der Russlands Präsident Wladimir Putin bei der Präsidentschaftswahl 2018 die Stirn bieten möchte, sitzt erst einmal hinter Gittern. Nachdem der Oppositionspolitiker Alexej Nawalny am Montag festgenommen worden war, fiel in der Nacht auf Dienstag das Urteil: 30 Tage Arrest. Begründung: Nawalny habe zu nicht genehmigten Protesten aufgerufen. Für die russische Justiz ist der 41-Jährige ein Wiederholungstäter. Daher auch die hohe Strafe. Bereits im März war Nawalny nach ähnlichen Protesten wie am Montag zu 14 Tagen verurteilt worden.
Nawalny war am Montag vor seinem Wohnhaus in Moskau festgenommen worden, als er sich auf den Weg zu von ihm initiierten Protesten machen wollte. Zuvor hatte er im Internet dazu aufgerufen, nicht am vorgesehenen und genehmigten Ort zu demonstrieren. Das, nachdem die Behörden den Organisatoren für besagte Stelle keine Genehmigung zum Aufbau einer Bühne und zur Benutzung einer Lautsprecheranlage gegeben hatten. Der Protestmarsch wurde in der Folge von der Polizei aufgelöst. 866 Personen wurden laut der Beobachtergruppe OWDInfo festgenommen.
Nervosität
Die nervöse Reaktion der Behörden liegt aber vor allem an der Streubreite von Nawalnys Aufrufen. Denn seinem Ruf zu Protesten gegen die Regierung (konkret gegen Korruption auf höchster Ebene) waren landesweit in mehr als 200 Städten Tausende gefolgt. 500 Personen wurden allein in der zweitgrößten Stadt des Landes, St. Petersburg, festgenommen. Auch in Wladiwostok und Nowosibirsk gab es Festnahmen. Die große Mehrheit kam bald frei. Hunderte warteten gestern aber noch auf Urteile. Darunter auch der liberale Politiker Ilja Jaschin.
Wahlkampf
Nawalny ist dem nationalistischen Lager zuzurechnen, wurde aber durch den behördlichen Kahlschlag in den Reihen der Opposition zu einer Art Oppositionsführer. Er ließ über Anwälte ausrichten, in Berufung gehen zu wollen. Notfalls werde man bis vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gehen, verlautbarte sein Anwalt. Nawalny selbst kommentierte seine Verurteilung lakonisch: „Schlimm genug, dass sie das Land ausplündern. Ich verpasse deswegen auch noch das Konzert von Depeche Mode in Moskau.“
Nawalny ist bereits im Wahlkampf – wobei noch nicht sicher ist, dass er sich registrieren lassen wird können. Schließlich war er erst im Februar in einem Betrugsprozess zu fünf Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden und ist damit vorbestraft. Bei der Frage der Registrierung Vorbestrafter widersprechen sich Verfassung und Wahlgesetz.