Immer weniger Jobs für Menschen mit mittleren Qualifikationen
OECD-Studie. Technologischer Fortschritt spaltet den Arbeitsmarkt. Auch die Lohnschere geht weiter auf.
Digitalisierung und Automatisierung setzen vor allem das mittlere Segment der Berufstätigen unter Druck. Diese „Polarisierungsthese“in der Ökonomie wird nun durch den jüngsten Beschäftigungsausblick der OECD untermauert. Demnach fiel in Österreich der Anteil an Arbeitsplätzen mit mittlerer Qualifikation zwischen 1995 und 2015 um 17 Prozentpunkte. Im Gegenzug dazu legten die Jobs mit höherer Qualifikation um 14 Prozentpunkte zu, jene mit geringerer immerhin noch um drei Prozentpunkte
Im Vergleich zu den anderen OECD-Ländern ist das Schrumpfen der Mittelschicht in Österreich besonders stark ausgeprägt. Die Hauptgründe dafür liegen im Strukturwandel der heimischen Wirtschaft in Richtung höherwertige Produktion und Dienstleistungen sowie in der allgemeinen Hö- herqualifizierung. Anders formuliert: Was vor 20 Jahren noch Lehr- oder Mittelschul-Absolventen erledigten, machen jetzt Maturanten oder Akademiker. „Österreich hatte da sicher einen Nachholbedarf “, interpretiert IHS-Arbeitsmarktexperte Helmut Hofer. Die OECD definiert mittlere Qualifikation übrigens mit mittlerer Reife bzw. gelernte Fachkräfte.
Mehr Hilfsjobs
Dass auch die Arbeitsplätze für Geringqualifizierte mit nur Pflichtschulabschluss leicht zugenommen haben, erklärt Hofer unter anderem mit der vollständigen OstÖffnung des Arbeitsmarktes, die zu einer leichten Ausweitung des Niedriglohnsektors, etwa im Tourismus, führte. Trotz technologischen Fortschritts würden auch weiterhin gering Qualifizierte als Hilfskräfte benötigt. Ihre Aufstiegschancen werden durch die Höherqualifizierung schwieriger.
Einkommenskluft
Eine zunehmende Polarisierung gibt es auch bei den Einkommen. Laut OECD ist das Einkommensgefälle auf dem höchsten Stand seit 50 Jahren. Die reichsten zehn Prozent der Beschäftigten im OECD-Raum verdienen nun mehr als das Neunfache der ärmsten zehn Prozent. Vor 25 Jahren war das Einkommen erst sieben Mal so hoch. „Die Einkommensungleichheit ist beispiellos im Moment und gefährdet den sozialen Zusammenhalt“, warnt OECDGeneralsekretär Ángel Gurría. Die Politik dürfe sich nicht nur um die Zahl der Arbeitsplätze kümmern, sondern auch um das Einkommen der Beschäftigten und die Qualität des Arbeitsumfelds. „Es ist unabdingbar, dass die Erträge von Globalisierung und Wachstum breit verteilt werden.“