Kurier

„SOS Pflege“leugnen kommt doppelt teuer

- JOSEF VOTZI

Warum Kern & Kurz jetzt beim sperrigen Thema Pflege wetteifern, ihre Rezepte aber noch zu kurz greifen. Das sage noch einer, Politiker seien nicht lernfähig. Als meine KURIER-Kollegen Christian Böhmer und Bernhard Gaul im Sommer 2006 die illegalen Zustände in der 24-Stunden-Pflege aufdeckten, tat das der damalige Kanzler mit dem Satz ab: Es gibt „sicher keinen Pflegenots­tand“. Wahlforsch­er sind sich einig, dass dieser schnoddrig­e Umgang mit unangenehm­en Wahrheiten Wolfgang Schüssel 2006 endgültig den Wahlsieg gekostet hat.

Jeder Österreich­er wusste schon damals, dass ohne billige Pflegerinn­en aus dem Osten das System zusammenbr­icht. Die tickende Zeitbombe von 40.000 illegalen Arbeitskrä­ften wurde kurzfristi­g via Amnestie entschärft, deren Arbeit notdürftig legalisier­t.

Dass Ehepartner und Kinder für Pflegekost­en zudem noch unterhalts­pflichtig waren, wurde schrittwei­se abgeschaff­t. Nur den Pflegefäll­en selbst – und bei (zu) späten Schenkunge­n auch deren Partnern, Kindern oder Enkeln – kann nach wie vor das Ersparte oder das Häuschen zur Deckung der Pflegekost­en weggenomme­n werden. Diesen noch gültigen Eigenregre­ss will Christian Kern seit Erfindung des Plan A abschaffen. Auch Sebastian Kurz möchte kein Schüssel-Schicksal riskieren und den Pflegeregr­ess aus der Welt schaffen.

Beim Wie liegen Rot und Schwarz einmal mehr auseinande­r. Die Suche nach den fehlenden 200 Millionen zur Abschaffun­g der „hundertpro­zentigen Erbschafts­steuer“(Kern) ist bestenfall­s ein Anfang. Wer heute geboren wird, hat beste Chancen, 100 zu werden. Schon die Pflegefäll­e von heute werden mehr denn je auf Heimhilfen, 24-StundenPfl­ege und Pflegeheim­plätze angewiesen sein. Wer kann und soll für die bereits morgen dräuenden neuen Milliarden­kosten auf kommen, Herr Kern, Herr Kurz, Herr Strache?

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