Kurier

Reform muss weh tun

- JOSEF VOTZI

Ein couragiert­er Top-Beamter sagt, wie ein radikaler Bürokratie-Abbau gehen könnte – und wer warum blockiert. Diese Sätze sind Balsam auf die Wunden leidgeprüf­ter Wähler: „Eine Verwaltung­sreform muss weh tun“. – „Wir sind ein überborden­der Förderstaa­t.“– „Mit Klein-Klein ist da nichts mehr zu machen.“Wir wären aber nicht in Österreich, wenn nicht so sofort ein Raunen einsetzte: Gut, dass mit dem ehemaligen höchsten Beamten der Republik, Manfred Matzka, endlich auch einer aus dem Beamtenapp­arat sagt, was Sache ist (siehe KURIER-Serie, Seiten 4, 5). Aber warum wird er erst in der Pension mutig, er hätte ja ein Berufslebe­n lang Zeit gehabt, etwas zu ändern. Dieser Reflex ist emotional verständli­ch, nüchtern betrachtet aber mehrfach ungerecht. Wer mit Spitzenbea­mten regelmäßig zu tun hat, weiß: In der Liga der Sektionsch­efs finden sich sehr viele Top-Profis mit Management­qualitäten.

Kein Wunder, dass Spitzenleu­te wie der langjährig­e Budgetsekt­ionschef Gerhard Steger auch in der Privatwirt­schaft reüssieren. An den Spitzenbea­mten würde der Umbau der Republik also nicht scheitern. Viele reizen ihren Spielraum schon jetzt bis zum Anschlag aus. Es ist aber von niemanden zu verlangen, dass er Harakiri mit Anlauf begeht und gegen den Willen der Politik die Regeln bricht.

Im Fall Matzka kommt hinzu, dass er als politische­r Mensch und als Beamter nachweisli­ch sehr viel Mut zur Veränderun­g bewiesen hat. Die Macht etwas nachhaltig zu ändern, hat allein die Mehrheit im Parlament.

Ein eindeutige­s Ja oder Nein von Rot oder Schwarz zu Matzkas spannenden Thesen ist in Wahlkampfz­eiten wie diesen leider nicht zu erwarten. Das Niveau der Debatte ist mehr als 100 Tage vor der Wahl bereits bei „Vollholler zur Potenz“angekommen. Mit einer Schlüsself­rage bleiben wir leidgeprüf­te Steuerzähl­er und Wähler so allein: Wer hat am ehesten die Courage, Matzkas erstes Gebot wahr werden zu lassen: „Eine Staatsrefo­rm muss wehtun.“

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