Das Haus der Demokratie – in Bildern und Geschichten
Parlament. Das Hohe Haus am Ring wird endlich saniert. Ein Buch erinnert an Geschichte und Bedeutung des Parlaments
Errichtet unter Kaiser Franz Joseph, der ein wenig Parlamentarismus zulassen wollte, im 1. Weltkrieg als Kriegslazarett gebraucht und dann Verkündungsort der 1. Republik. Im Jahr 1933 ausgeschaltet als erster Schritt in die Dollfuß-Diktatur und von den Nazis als „Gauhaus“missbraucht – das Parlamentsgebäude an der Wiener Ringstraße hat Geschichte erlebt und erzählt mit seiner Architektur auch Geschichte.
Der Däne Theophil Hansen hat das Parlament im Stil eines antiken Tempels erbaut. Im Jahr 1883 wurde es nach fast zehn Jahren Bauzeit eröffnet.
Nun müssen die Abgeord- neten von Nationalrat und Bundesrat die historische Stätte vorübergehend verlassen – das Gebäude wird nun endlich saniert, nachdem seit Jahren darüber diskutiert wurde. Die Abgeordneten und ihre Mitarbeiter übersiedeln in ein kleines Containerdorf am Heldenplatz.
Herz der Demokratie
Zum Abschied haben die Präsidentinnen von Nationalrat und Bundesrat, Doris Bures und Sonja Ledl-Rossmann in der vollen Säulenhalle ein Buch vorgestellt, das nun im Hohen Haus erhältlich ist. Journalisten, die zum Teil seit Jahrzehnten aus dem „Herz der Demokratie“berichten, wie eine Redakteurin schreibt, erzählen von ihren Erlebnissen, dazu kommen Fotos aus dem Haus am Ring, die man so noch nicht gesehen hat. Und diese Bilder erzählen auch Geschichte und Geschichten.
Luftzufuhr
Von der Be- und Entlüftung etwa, die Theophil Hansen nach allen Regeln der damaligen Baukunst installiert hat. Da gibt es noch große Regler, beschriftet mit dem Wort „Luftzufuhr“. Dass diese im Plenum mehr schlecht als recht funktioniert, weiß jeder, der manchmal bei LiveÜbertragungen nicht nur vom Streiten ermüdete Abge- ordnete beobachten konnte.
Nicht ganz so schnell wie die elektronische Post, aber schneller als jeder Mensch funktioniert noch immer die Rohrpost. 3020 Meter Rohre wurden verlegt, um Akten von einem Büro ins andere zu schicken. Dieses System wird der Sanierung wohl zum Opfer fallen. Das Raucherkammerl ebenso, wo diejenigen, die Gesetze beschlossen, sich nicht immer an diese hielten. Dafür kam man sich auf engem, verrauchten Raum menschlich näher, wie Bundespräsident Alexander Van der Bellen erzählte, dort kam es auch zu netten Gesprächen mit FPÖ-Chef Heinz Christian Strache.
Die Journalisten berichten in dem Buch persönliche Erlebnisse mit den Politikerinnen und Politikern. Etwa, dass man mit dem langjährigen Nationalratspräsidenten und ÖGB-Chef Anton Benya, keinem Freund der Reporterzunft, eher nahe kam, wenn freundliche Worte über den SK Rapid fielen.
Parlamentskultur
Die Berichterstatter schätzen an der Atmosphäre im Hohen Haus, dass vertrauliche Gespräche möglich sind, wo die eine Seite Verständnis für die andere bekommt. „Mehr Achtung und Respekt für die Parlamentskultur fordert folgerichtig ein Kollege.
Viele Parlamentarier wollen Minister werden, Ansehen und Macht sind größer. Aber vergessen wir nie: Ein Land kann eine Zeit lang ohne Regierung leben, aber nie ohne ein funktionierendes Parlament.