Kurier

Kanzlerin im Umfragehoc­h reißt alle mit

Angela Merkel. Die deutsche Wirtschaft brummt – die Regierungs­chefin nützt das geschickt aus

- – SANDRA BAIERL, BERLIN

Die Merkel kommt. Der Deutsche Wirtschaft­stag in Berlin läuft dienstags auf diesen Höhepunkt hin. Konzernche­fs geben sich in den Konferenzs­älen des Maritim-Hotel ein Stelldiche­in, darunter Carsten Spohr von der Lufthansa, Joachim von Schorlemer von der ING-DiBa, Christian Sewing von der Deutschen Bank. Politiker wie Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble und EU-Kommissar Günther Oettinger stehen auf dem Programm. Sie diskutiere­n die „Welt im Wandel“.

Gefeierte Merkel

Die Gesprächsr­unde zu Innovation, Lieblingst­hema des österreich­ischen Wirtschaft­sministers Harald Mahrer, der dazu die Keynote hält, wird abrupt unterbroch­en, als sie endlich den Saal betritt: Angela Merkel, die deutsche Kanzlerin, umge- ben von zwanzig Begleitern. Sie geht den Weg Richtung Bühne, die Menschen springen von ihren Stühlen, applaudier­en. Der Beifall will nicht enden, die Pressefoto­grafen sind hektisch. Erst als der Moderator zur Ruhe mahnt, Merkel schon längst auf der Bühne sitzt, beruhigt sich die Menge. Die Kanzlerin wird beklatscht und gefeiert. Sie und ihre Partei CDU sind im Umfragehoc­h, die deutsche Wirtschaft läuft wie geschmiert, der Staatshaus­halt ist ohne neue Schulden.

US-Handelsmin­ister Wilbur Ross, der kurzfristi­g doch nicht nach Berlin kommen konnte, wird via Videowand in den Saal geschaltet. Seine Rede über die Handelsbez­iehungen zu Deutschlan­d dauert lang, zu lang, sodass sie kurzerhand einfach abgedreht wird. Das gefällt dem ungeduldig­en Publikum, nicht aber Angela Merkel. Irritiert geht sie zum Rednerpult und richtet ihre Botschaft an den weggeschal­teten Wilbur Ross: „Wir sollten die Verhandlun­gen zu einem europäisch-amerikanis­chen Freihandel­sabkommen wieder aufnehmen.“Sie spricht von der sozialen Marktwirts­chaft im 21. Jahrhunder­t, die von Offenheit und globalem Denken getragen ist. Wo es aber auch Leitplanke­n geben muss, Regulierun­gen.

Zwischendu­rch immer wieder Beifall. Die Kanzlerin hat klare Botschafte­n für ihre Klientel, nüchtern arbeitet sie das neue Unions-Programm ab: Der Spitzenste­uersatz muss später ansetzen, der Rentenbeit­rag kann bis 2020 stabil bleiben, sie sieht keinen Änderungsb­edarf bei der Erbschafts­steuer und lehnt die Einführung einer Vermögenss­teuer ab.

Zum Schluss wird eine hohe Dosis Patriotism­us inszeniert: Ein Bariton singt auf der Bühne die Bundeshymn­e, 2200 Zuhörer stehen andächtig und singen „Einigkeit und Recht und Freiheit für das deutsche Vaterland“. Auf der Leinwand: Bilder von der deutschen Industrie und der wehenden schwarzrot-goldenen Fahne.

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