Kurier

Befreiungs­schlag mit Eigentor

Garcia-Report. Keine Beweise für korrupte Machenscha­ften, die FIFA fühlt sich sauber – und entblößt sich

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Jetzt liegt er auf dem Tisch, mit freier Sicht für die Öffentlich­keit, dieser sagenumwob­ene Report des früheren, frustriert zurückgetr­etenen Chefermitt­lers Michael Garcia. Transparen­z heißt das Zauberwort – als gläserne Institutio­n wollte sich der Fußball-Weltverban­d FIFA präsentier­en, eine, die nichts und niemandem Verstecke bietet. Gianni Infantino, Nachfolger des inzwischen vom Präsidente­nsockel gestoßenen Joseph Blatter, kann sich rühmen, tatsächlic­h jener Reformer zu sein, als der er per Eigendefin­ition angetreten ist.

Der Nebel bleibt, alleine durch das zunächst ominöse Auftauchen des Berichts in der Bild-Redaktion, das wenig später zur Schau getragene dringliche Anliegen, schon immer den 430 Seiten starken Report publik zu machen, um „die Verbreitun­g irreführen­der Informatio­nen“zu verhindern.

Alles ergibt plötzlich Sinn. Infantino suggeriert damit die Richtigkei­t seines Vorgehens, die unbequemen FIFA-Ethikchefs Hans-Joachim Eckert und Cornel Borbély vor ein paar Wochen abgelöst zu haben. Beide hätten den ehrbaren Akt der Veröffentl­ichung verhindern wollen.

Allerdings hat Eckert versichert, der Report sei lediglich ein Arbeitsdok­ument, das keine Beweise für die schwerwieg­endste Anschuldig­ung, nämlich die „gezielten Einflussna­hme auf das Wahlverhal­ten der FIFAFunkti­onäre“bei der Vergabe der Weltmeiste­rschaften 2018 in Russland und 2022 in Katar beinhalte.

Alles sauber

Gut für die FIFA, die sich reingewasc­hen glaubt von all den ungustiöse­n Unterstell­ungen, von verschmutz­en Geldflüsse­n, die zwar noch vermutet werden, aber deren Richtungen – zumindest vor Ende sämtlicher staatliche­n Untersuchu­ngen – Spekulatio­n bleiben. Doch das vermeintli­che Triumphgef­ühl kann das kranke Sittenbild in obersten FIFA-Ebenen nicht verbergen, welches der Report praktisch als delikates Nebenprodu­kt an die Oberfläche spülte.

Abgehoben, mittlerwei­le völlig losgelöst von der einstigen Einfachhei­t des Spiels, funktionie­rt die profitable Vermarktun­gsmaschine­rie. Von Reisen mit Privatjets oder Regierungs­flugzeugen wird berichtet, von der Zahlung von zwei Millionen Dollar an die zehnjährig­e Tochter eines stimmberec­htigten Mitglieds. Der Zweck heiligt immer noch die Mittel.

Also, man nehme die größte nur erdenklich­e Blauäugigk­eit, kanalisier­e sie in den Glauben, es sei tastsächli­ch alles mit rechten Dingen zugegangen bei der Vergabe von Weltmeiste­rschaften.

Aber wie schwer muss dann der Anfall gewesen sein, der angebliche Liebhaber des Fußballs dazu veranlasst hat, eine WM in einer 50 Grad heißen Wüste stattfinde­n zu lassen?

Eine Frage, die für die Ewigkeit stehenblei­bt – und die mit bestechlic­her Sicherheit zu beantworte­n ist. bernhard.hanisch@kurier.at

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