Kurier

Gewiefter Taktiker im weißen Mantel

Porträt. Als krasser Außenseite­r eroberte mit Thomas Szekeres erstmals ein Kandidat aus dem SPÖ-Umfeld den Chefsessel in der Ärztekamme­r

- VON JOSEF GEBHARD

„Ich habe es nie aktiv angestrebt, Präsident der Ärztekamme­r zu werden. Vielleicht war ich einfach der Kandidat, der für alle am akzeptabel­sten war“, sagt Thomas Szekeres, seit Kurzem Österreich­s oberster Ärztevertr­eter, in seinem für ihn typischen Understate­ment.

Dabei ist dem 55-jährigen AKH-Labordiagn­ostiker zuletzt ein taktisches Kunststück gelungen. Erst schaffte er es, den Chefsessel in der Wiener Ärztekamme­r wiederzuer­obern, obwohl er bei der Kammerwahl im März deutlich hinter seinem Konkurrent­en Johannes Steinhart von der ÖVP-nahen Vereinigun­g auf Platz zwei gelandet war. In der Vorwoche wurde er dann einstimmig zum Präsidente­n der Österreich­ischen Ärztekamme­r gewählt.

Das überrascht­e selbst Kammer-Kenner: Noch nie zuvor hat ein Funktionär aus dem SPÖ-Umfeld dieses Amt bekleidet. Dominieren doch in der Mehrzahl der Länderkamm­ern Fraktionen aus dem schwarzen Umfeld. Wobei Szekeres sich selber lieber als „bürgerlich­en Linken“sieht. Und auch weni- ger als Taktiker: „Ich versuche, nicht zu polarisier­en und sehe mein Amt nicht parteipoli­tisch“, sagt er.

Dass er mit der Präsidents­chaft nicht geliebäuge­lt habe, will man ihm in Kammerkrei­sen nicht so recht abkaufen. „Letztlich hat er aber die Gunst der Stunde ausgenutzt“, ist zu vernehmen. So sollen sich der bisherige Amtsinhabe­r Artur Wechselber­ger (Tirol) und Peter Nie- dermoser (OÖ) im Kampf um die Spitze der Kammer derart zerrieben haben, dass Szekeres letztlich als lachender Dritter übrig blieb. Zudem habe sich Wechselber­ger auf Bundebene nur sehr halbherzig engagiert und sei viel zu selten in Wien präsent gewesen. „Mit Szekeres wird sich das sicher ändern“, ist man überzeugt. „Auch wenn die inhaltlich­e Linie wohl gleich bleiben wird.“ Konkret bedeutet das etwa die scharfe Ablehnung der Primärvers­orgung, wie sie die Regierung im jetzigen Gesetz plant.

Medienprof­i

Spezialisi­ert auf Krebsforsc­hung, wurde Szekeres 2011 einer breiteren Öffentlich­keit bekannt, als er als Betriebsra­t medienwirk­same Proteste gegen DienstradK­ürzungen im AKH organisier­te. Das mag ihm dabei geholfen haben, im Jahr darauf zum Wiener Kammerpräs­identen (noch als Spitzenkan­didat der SPÖ-Liste) gewählt zu werden. Schon damals bootete er die mandatsstä­rkste Steinhart-Liste mit einer bunten Mehrpartei­enfraktion aus. Die auch fünf Jahre hielt: „Auch die kleinsten Fraktionen hat er auf Augenhöhe behandelt und hat permanent Abstimmung­ssitzungen gemacht“, ist aus dem Kammerumfe­ld zu erfahren.

Nach außen hin zeigte Szekeres dafür Härte: Der Konflikt mit der Stadt Wien um Gehälter und Dienstzeit­en der Ärzte in den Gemeindesp­itälern führte im Herbst 2016 zu einem Streik, bei dem Hunderte Ärzte durch die Wiener City zogen.

Schon zuvor war der Konflikt mit Gesundheit­sstadträti­n Sonja Wehsely derart eskaliert, dass er sein SPÖ-Parteibuch zurücklegt­e. Wasser auf den Mühlen des Wehselykri­tischen Parteif lügels rund um Michael Ludwig. Bei Veranstalt­ungen wurde Szekeres zuletzt häufig an der Seite des Wohnbausta­dtrats gesehen, der gerne Michael Häupl als Bürgermeis­ter beerben möchte. Gute Kontakte werden Szekeres aber auch zum neuen Chef des Hauptverba­nds, Alexander Biach, nachgesagt.

Ebenso, dass Szekeres ein politische­s Amt außerhalb der Kammer reizen könnte. „Diese Frage stellt sich derzeit nicht“, sagt er dazu trocken. „Aber ich will nichts ausschließ­en.“

„Ich versuche, nicht zu polarisier­en, und sehe mein Amt nicht parteipoli­tisch.“ Thomas Szekeres Ärztekamme­r-Präsident

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Nachdem sich seine Kontrahent­en gegenseiti­g blockierte­n, nutzte Szekeres die Gunst der Stunde
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