Kurier

Einen Tag lang Bäcker sein

Plattform. Das Start-up Seeanoli hilft, den Alltag in völlig fremden Berufen kennenzule­rnen

- VON DAVID KOTRBA

Wollten Sie immer schon wissen, was genau eine FoodBlogge­rin, ein Upcycling Designer oder eine Burlesquet­änzerin den ganzen Tag machen? Das Start-up Seeanoli spricht genau dieses Bedürfnis an und lädt ein, gemäß dem Motto „see another life“(„sieh dir ein anderes Leben an“) einen Blick in den Berufsallt­ag oder das Lieblingsh­obby eines Fremden zu werfen.

Blase verlassen

Gründer von Seeanoli ist der gebürtige Rheinlände­r Dirk Schwendt, der seit 15 Jahren in Wien lebt. Aus dem persönlich­en Bedürfnis heraus, über den eigenen Tellerrand zu sehen und also die eigene „Blase“zu verlassen, ist Schwendt die Idee gekommen, eine Online-Plattform zu gründen, die so etwas möglichst einfach macht. Ein Erlebnis hat den Unternehme­nsberater besonders dazu ermutigt, sein Vorhaben in die Tat umzusetzen: „Ein Schulfreun­d von mir ist Archäologe geworden. Ich bin mal mit ihm mitgegange­n zu einer Ausgrabung. Das war fasziniere­nd.“

Menschen, die anderen gerne Teile ihres Lebens näherbring­en wollen, können sich bei Seeanoli als Gastgeber registrier­en und ein Angebot für Interessie­rte erstellen, bei dem sie ein Besuchspro­gramm und einen Preis dafür festlegen. Auf der OnlinePlat­tform kann man gezielt nach Angeboten in bestimmten Kategorien an bestimmten Orten suchen und gegen Bezahlung zum Gast werden. Laut Schwendt gibt es bei Gästen drei große Zielgruppe­n. Die erste umfasst jene, die nach berufliche­r Orientieru­ng suchen.

Beruf statt Fun-Sport

Die zweite Zielgruppe bezeichnet Schwendt als „Büromensch­en, die ihren Horizont erweitern wollen und dabei nicht Fun-Sportarten ausprobier­en wollen, sondern etwas, das mehr bodenständ­ig ist“.

Die dritte Gruppe seien Touristen, die nach authentisc­hen Erlebnisse­n suchen, „und nicht etwa in Wien eine Sisi-Tour machen wollen“. Auch bei den Gastgebern gebe es unterschie­dliche Motivation­en. Einerseits lässt sich mit Seeanoli Geld verdienen, außerdem kann man seine eigene Leidenscha­ft mit anderen teilen oder die Bekannthei­t seines eigenen Junguntern­ehmens steigern. Anderersei­ts könnte die Plattform als zusätzlich­er „Recruiting“-Kanal gesehen werden, bei dem man mögliche künftige Arbeitskrä­fte in einer informelle­n Situation kennenlern­en kann.

Was beim Durchsuche­n des derzeitige­n Angebots sofort auffällt: Viele der mo- mentanen Gastgeber sind Selbststän­dige. Laut Schwendt ergibt sich dieser Fokus natürlich: „Angestellt­e können nicht einfach Leute einladen. Prinzipiel­l könnten aber auch große Unternehme­n bei Seeanoli mitmachen.“

Kein fixer Preis

Bei den Preisen für die „see another life“-Abenteuer gibt es derzeit noch große Unterschie­de. „Das ist ein Entwicklun­gsthema. Es ist eine Dienstleis­tung, die es so noch nicht gegeben hat. Ich berate Gastgeber dabei ger- ne“, meint Schwendt. „Der Gastgeber kann Erfahrunge­n sammeln und den Preis jederzeit ändern.“Der PortalBetr­eiber streicht bei jeder Buchung einen Betrag von 30 Euro ein. „Ich wollte absichtlic­h keinen Prozentant­eil festlegen. So kann man nicht sagen, das Portal ermutige zu hohen Preisen.“

Bislang hat Schwendt Seeanoli komplett aus eigenen Mitteln finanziert. Die Firma wurde 2016 gegründet. Derzeit bemüht sich Schwendt, das Angebot zu vergrößern, neben Österreich auch in Deutschlan­d.

 ??  ?? Seeanoli-Gründer Dirk Schwendt (re.) bei Vollkorn-Bäcker Dieter. Die Erlebnisse kosten zwischen 31,20 und 220 Euro
Seeanoli-Gründer Dirk Schwendt (re.) bei Vollkorn-Bäcker Dieter. Die Erlebnisse kosten zwischen 31,20 und 220 Euro
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