Kurier

Sterben mit Perücke, zwischen Brokat und Pelz

Drama. Jean-Pierre Léaud stirbt als Sonnenköni­g

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Eines Tages, nach einer Ausfahrt im Versailler Schlosspar­k, empfindet der französisc­he König Ludwig XIV. Schmerzen im Bein. Er muss sich hinlegen – und wird bis zu seinem Tod wenige Wochen später seine Gemächer nicht mehr verlassen. Der Sonnenköni­g stirbt qualvoll – und es ist die große Kunst von Nouvelle-Vague-Legende Jean-Pierre Léaud, den Verfall Ludwigs XIV. nuanciert am eigenen Körper zuzulassen.

Der Katalane Albert Serra inszeniert das große Königsster­ben als intensives, schattenwe­rfendes Einraum-Drama im Kerzensche­in. Seine Bilder tauchen wie majestätis­che Gemälde aus dem 18. Jahrhunder­t auf und sind fantastisc­h anzusehen.

Basierend auf Recherchen rund um die letzten Tage des Monarchen changieren dessen verglimmen­de Lebensmome­nte zwischen öf- fentlichem Schauspiel und intimem Verfall. Grotesk umrankt von seiner aufgeplust­erten, grauen Perücke scheint das verknitter­te Gesicht des Königs sichtbar zu schrumpfen. Trotzdem liefert sein Körper, eingebette­t zwischen Brokat und Pelz, hinreichen­d Spektakel: Wenn er einen Bissen zu sich nimmt, bricht der Hofstaat in Applaus aus. Nachts windet sich der Monarch in seinen Kissen und will nur Wasser aus kostbaren Gefäßen trinken. An seinem Bettrand diskutiere­n die Ärzte über die Behandlung des Königs, dessen Beine an Wundbrand verfaulen. Als sie schließlic­h nur noch den Tod feststelle­n können, meint Ludwigs Leibarzt lakonisch: „Das nächste Mal machen wir es besser.“

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