Kurier

Der Bildhauer der Farbe, der in den Stadtraum drängte

Roland Goeschl. Würdigung in zwei Ausstellun­gen

- – M. HUBER

Er habe einen „Farbwahn“, soll der Bildhauer Fritz Wotruba über seinen einstigen Schüler und zeitweilig­en Assistente­n Roland Goeschl gesagt haben: Dass dieser, nachdem er lange Zeit das Menschenbi­ld des Meisters studiert und kopiert hatte, plötzlich rote, blaue und gelbe Farbbahnen über seine Objekte zog, war Anfang der 1960er-Jahre ein echter Traditions­bruch.

Goeschls farbiger Signatur-Stil ist heute auch den meisten Österreich­erinnen und Österreich­ern bekannt, die sich sonst nur rudimentär mit Kunst befassen: Der in Salzburg geborene Künstler „erwischte“sie mit Arbeiten im öffentlich­en Raum, etwa an der TU Wien, oder mit den legendären „Humanic“-Werbespots, für die er etwa einen Riesenberg aus farbigen Klötzen in die Luft sprengte oder diese zur „Umweltschu­tzmauer“stapeln ließ.

Tod zu Weihnachte­n

Als Goeschl am Weihnachts­tag des Vorjahres 84-jährig starb, war das Echo überschaub­ar: Es lag am Salzburger Museum der Moderne (MdM) und an der mit dem Nachlass betrauten Wiener Galerie ZS art, die Erinnerung in Form zweier Ausstellun­gen zu pflegen.

In Salzburg, wo diverse Originaldo­kumente und Objekte im Sammlungsf­undus der Generali Foundation erhalten sind, steht dabei der „öffentlich­e“Goeschl im Mittelpunk­t: Unter dem Mot- to „Farbraum Total“zeigen Bilder, Dias und Skizzen , wie Goeschl sein Publikum mit Fassadenge­staltungen, Zubauten auf Häusern oder mit öffentlich­en Skulpturen buchstäbli­ch in sein Verständni­s eines dreidimens­ional gewordenen Farberlebn­isses einführte.

Bei ZS art scheinen die Besucherin­nen und Besucher dagegen beinahe ins Atelier des Künstlers eingeladen zu sein: Neben einigen raumgreife­nden Skulpturen wagt man hier den Blick zurück auf das oft in klassische­m Bronzeguss ausgeführt­e Frühwerk und zeichnet die Entwicklun­g hin zur Farbigkeit nach. Diese erschöpfte sich allerdings nie im bloßen Bemalen von Formen: Skulptur und Farbgebung standen im Dialog, teils auch im Widerspruc­h.

Formfindun­gen

Zeichnunge­n und Drucke bilden einen weiteren Schwerpunk­t der Schau und zeigen, wie sich Goeschls Nachdenken über Raum und Form zwischen Papier und Objekt hin- und herbewegte. Ein aus buntem Draht geflochten­er Kopf ist eines der spätesten Werke in der fast musealen Schau, die freilich auch den Verkauf im Blick hat: Das Preisnivea­u bewegt sich zwischen 800€ für einen Siebdruck über 4800€ für große

Arbeiten auf Papier bis zu 70.000 € für eine große „Raumkompos­ition in Rot-Blau-Gelb“von 1990/’91. Die Gelegenhei­t, sich mit einem der prägnantes­ten und frischeste­n bildhaueri­schen Oeuvres der jüngeren heimischen Kunstgesch­ichte vertraut zu machen, steht aber jedem offen.

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