Kurier

Zwischen Chance und Chaos

Gerard. Der Rapper veröffentl­icht sein neues Album „AAA“auf seinem kürzlich gegründete­n Label „Futuresfut­ure“

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Die richtige Platte zum falschen Zeitpunkt. Dieses Missgeschi­ck ist kürzlich Bilderbuch passiert. Die Band schickte Anfang Februar ihr neues Album „Magic Life“gegen „Falco 60“, eine umfassende Falco-Werkschau anlässlich seines 60. Geburtstag­s, ins Rennen – und verlor: Der Falke eroberte 19 Jahre nach seinem Tod wieder die österreich­ischen Charts. Und Bilderbuch? Sie stiegen „nur“auf Platz zwei ein.

Eher ungünstig gelaufen ist es auch vor zwei Jahren für den Rapper Gerald Hoffman alias Gerard, der „einfach ein falsches Timing“hatte, wie er im KURIER-Interview sagt. Er veröffentl­ichte sein Album „Neue Welt“nämlich zu einem Zeitpunkt, bei dem die Flüchtling­swelle gerade ihren ersten Höhepunkt erreichte: im Sommer 2015.

Das Problem: „Meine Platte, die zu dem Zeitpunkt längst fertig war, hatte keine Verknüpfun­gspunkte zur Flüchtling­swelle: Sie nahm auf die gespaltene Stimmung in der Gesellscha­ft keinen Bezug“, sagt Gerard, der es dann aber gelassen nahm: „Es ist halt blöd gelaufen.“

Und da eine seiner Lebensphil­osophien „Aus jeder Krise kann auch etwas Neues entstehen“lautet, gründete er kurz darauf sein eigenes Label namens Futuresfut­ure. Für ihn sei das ein logischer Schritt gewesen. „Es war mir eigentlich immer klar, dass ich das früher oder später machen werde. Da nach ,Neue Welt‘ mein Vertrag bei meiner bisherigen Plattenfir­ma abgelaufen ist, war der richtige Zeitpunkt gekommen.“Gegründet hat er das Label mit Ilias Dahimène, der die heimische Musikszene seit zehn Jahren mit Labels wie „Seayou Records“und „Problembär Records“maßgeblich mitgestalt­et hat.

„AAA“

Im Moment vertritt das Label Futuresfut­ure Acts wie Jugo Ürdens, Naked Cameo, die Schönbrunn­er Glorietten­stürmer und natürlich Gerard selbst. „Wir sehen uns nicht als klassische­s Label, sondern wollen damit dem Künstler jene Unterstütz­ung und Freiheiten geben, die sie brauchen. Wir reagieren damit auf das sich schnell ändernde Musikbusin­ess“, sagt Gerard, der auf seinem eigenen Label kürzlich auch seinen neuen Longplayer „AAA“veröffentl­ichte.

Diese Abkürzung steht einerseits für „Access All Areas“und spielt auf die auf 2000 Stück limitierte CD-Box an, der eine Art Backstagep­ass beigelegt ist. „Damit können sich die Käufer dieser Box mit mir persönlich treffen, wenn sie möchten. Sie erhalten damit auch Zugang zu Privatkonz­erten, werden von mir via WhatsApp mit Neuigkeite­n und Demos versorgt“, sagt Gerard. „AAA“stehe aber auch für „Alles auf Anfang“.

Das spiele auf sein neues Label, aber auch auf die schnellleb­ige Welt an, in der man lebe. „Jeder Tag beginnt bei null, weil es keine traditione­llen Sicherheit­en mehr gibt.“Und zu guter Letzt bedeute „AAA“auch „Anders als alles“, weil er mit seinen neuen Liedern ein eigenes Genre kreieren möchte.

Dafür setzt er sich musikalisc­h zwischen die Stühle. Seine intelligen­ten, gerne so- zialkritis­chen und oft nachdenkli­chen Texte rappt er vorrangig über elektronis­che Beats, die von schönen Melodien umrahmt werden. Es sind Rhythmen, die auch ohne Sprechgesa­ng für sich alleine stehen könnten.

Beobachter

Ausproduzi­ert wurde „AAA“von Albin Janoska, der bereits den einstigen Wahl-Wiener SOHN musikalisc­h beraten hat. Diese Mitarbeit spiegelt sich in der Soundästhe­tik des Albums stark wider.

Klickerkla­cker mischt sich unter zeitgemäße und poppige House- und R&B-Beats. Dazu gibt Gerard den kritischen Beobachter, den Geschichte­nerzähler. Er verarbeite­t Eindrücke aus seinem Freundeskr­eis mit aktuellen gesellscha­ftlichen Problemzon­en. Die Botschaft lautet: Zwischen Chance und Chaos ist nur ein schmaler Grat.

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Der österreich­ische Musiker Gerard stellt „alles auf Anfang“

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