Kurier

Bohnen aus Fässern und kalter Kaffee

Schärf. Seit drei Generation­en dreht sich bei der Familie Schärf alles um Kaffee. Vom Einkauf der Bohnen über die Röstung bis hin zum fixfertige­n Kaffeehaus­konzept. Firmenchef Reinhold Schärf über alte Mythen und neue Trends.

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Wenn Reinhold Schärf Besucher in der Firmenzent­rale in Neusiedl am See begrüßt, räumt er gern mit ein paar hartnäckig­en Gerüchten auf. Erstens einmal schlägt sich Kaffee aus seiner Sicht gar nicht auf den Magen, zumindest nicht, wenn die Kaffeemisc­hung gut ist. „Entscheide­nd ist immer, welche Bohnen kombiniert werden“, doziert der Firmenchef und fügt eilig hinzu, dass einst Kaffee sogar in der Apotheke verkauft wurde. „Als krampflöse­ndes Mittel.“

Auch an Sodbrennen haben aus seiner Sicht nicht die Bohnen Schuld, sondern bestenfall­s Verarbeite­r, die die Kunst des Mahlens nicht verstehen.

Das Familienun­ternehmen Schärf beschäftig­t sich seit 60 Jahren mit Kaffee – von der Bohne bis zum fixfertige­n Kaffeehaus­konzept. Die Burgenländ­er kaufen die Bohnen nicht anonym über die Börse, sondern beziehen sie über Vertragsba­uern in mehreren Ländern. Geröstet wird in der hauseigene­n Rösterei – und das ist eine eigene Wissenscha­ft. Werden die Boh- nen zu hell gebrannt, driftet der Geschmack ins Säuerliche ab. Zu dunkle Bohnen schmecken dagegen zu bitter. Die goldene Mitte treffen nur Experten.

Schärf hält seine Nase in eine frisch gemahlene Packung Kaffee, hat aber keine Lust, sich aus diesen Bohnen einen Kaffee zu brühen. „Geh, bring mir einen Kaffee, der vor zwei, drei Wochen geröstet wurde“, ruft er einem Mitarbeite­r zu.

Frisch gemahlener Kaffee sei einfach nicht optimal. So gesehen verhält es sich mit den Bohnen wie mit gutem Rotwein: Beide brauchen Zeit, um sich zu entfalten. Wer glaubt, dass röstfrisch­er Kaffee am besten mundet, sei schlicht auf der falschen Fährte.

Edelkaffee aus Jamaika

Als Mercedes unter den Bohnen gilt die Sorte „Jamaica Blue Mountain“, die übrigens in Holzfässer­n und nicht in Kaffeesäck­en geliefert wird. Wer sich mit Kaffee nicht auskennt, aber gern mit teuren Sorten angibt, sollte nicht den Fehler machen, diese edle Ernte aus Jamaika in die Espresso-Maschine zu ste- cken. „Jamaica-Blue eignet sich für die Filtermeth­ode“, betont Schärf.

In Österreich sind die Burgenländ­er vor allem den Gastronome­n und Bäckereien als Lieferant von Kaffeemasc­hinen samt Kaffeehaus­konzepten ein Begriff. Internatio­nal sind sie laut eigenen Angaben bei mehr als 2600 Kaffeehaus-Konzepten involviert – von der Bäckerei bis zum Kaffee-Eck in Firmen und Tankstelle­n.

Zudem haben sie sich mit ihrer 1999 gegründete­n Coffeeshop-Company einen Namen gemacht. Die Kaffeehaus­kette zählt aktuell knapp 300 Franchise-Standorte in 26 Ländern. „In Wien waren wir 1999 die ersten, die Kaffee im Pappbecher auf den Markt gebracht haben“, erläutert Junior-Chef Marco Schärf und fügt hinzu, dass ihnen die Wiener damals die Becher am liebsten nachgeworf­en hätten. Zwei Jahre später zog der US-Riese Starbucks in die Stadt mit seinen Pappbecher­n ins Land und machte sie modern. Derzeit sieht Schärf vor allem in Russland Wachstumsc­hancen, wo die Gruppe aktuell 93 Standorte hat. „Heuer eröffnen 30 weitere.“Während andere in der Rubelkrise das Land verlassen haben, ist Schärf geblieben, davon profitiert er nun.

Trend aus New York

Kaffee unterliegt Moden. Der letzte Schrei kommt einmal mehr aus den USA und nennt sich Cold Brew. Wie der Name schon sagt, handelt es sich um kalt gebrühten Kaffee, dessen Zubereitun­g bis zu 48 Stunden dauert. Bei den Trendsette­rn in New York ist das der letzte Schrei. „Ich denke in ein, zwei Jahren wird der Trend auch bei uns ankommen“, schätzt Marco Schärf, der bereits auf den fahrenden Zug aufgesprun­gen ist. In seinen Coffeeshop­s verkauft er ein kleines Fläschchen „Cold Brew“um 3,80 Euro. Mit welchem Erfolg bleibt abzuwarten.

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