Martin Kušej vor der Bestellung
Burgtheater. Kušej vor der Bestellung zum Direktor – auch Entscheidung über den obersten Kaufmann ist gefallen
Der Kärntner Theatermacher dürfte ab 2019 die größte deutschsprachige Bühne leiten.
Bei den zwei größten Kulturinstitutionen des Landes stehen neue Chefs ante portas – innerhalb eines starken halben Jahres fielen diese zentralen kulturpolitischen Entscheidungen. Im Dezember wurde Bogdan Roščić zum Staatsopern-Direktor ab 2020 gekürt; heute wird die Zukunft der Burg ab 2019 festgelegt. Ebenso wird der neue (alte?) Geschäftsführer ab 2018 präsentiert.
Wer wird Direktor?
Martin Kušej. Zumindest gab es zuletzt keinerlei Anzeichen mehr für eine andere Entscheidung von Kulturminister Thomas Drozda. Thomas Ostermeier soll lange ein Kandidat gewesen sein. Auch Andreas Beck hatte prominente Fürsprecher. Der Österreicher Kušej (56), ein kraftvoller, exzentrischer, konfliktfreudiger Theater- und Opernregisseur, leitet das Residenzthea- ter in München und war schon vor einem Jahrzehnt im Rennen – bis es schließlich Matthias Hartmann wurde. Kušej ging, mit scharfen Worten, nach München und warb zahlreiche Burgstars ab.
Warum wird neu besetzt?
Die Besetzung von Burg und Staatsoper so lange im Vorherein hat weniger mit der Nationalratswahl im Oktober als mit den Vorlaufzeiten zu tun. Für SpielplanKonzipierung und Verträge mit den wichtigsten Künstlern braucht es viel Vorberei- tungszeit. Karin Bergmann, derzeitige Direktorin und erste Frau an der Spitze der Burg, hatte bekannt gegeben, keine Verlängerung anzustreben.
Was braucht die Burg?
Die Burg brennt zwar nicht mehr „hell lodernd“(was sie nach dem Finanzskandal in den Worten des damaligen Aufsichtsratschefs tat). Sie steht aber noch nicht auf wirklich sicherem Boden, auch wenn sich die Leitung und die Kulturpolitik bemühen, diesen Eindruck zu erwecken und inter- ne Kalamitäten kleinzuhalten. Mehr als 20 Millionen Euro betrug der Fehlbetrag, nachdem Geschäftsführerin Silvia Stantejsky und Burgchef Hartmann entlassen worden waren. Seitdem haben Bergmann und Burg-Geschäftsführer Thomas Königstorfer die wildesten Wogen, mit stillem Support aus der Politik, geglättet. Es gab ein 100Punkte-Programm mit Sparmaßnahmen und gute Einnahmen, zuletzt hieß es, dass der Bilanzverlust inzwischen auf 12,1 Millionen reduziert werden konnte. Aus interner Sicht ist jedenfalls die Entscheidung über den künftigen Geschäftsführer ebenso wichtig wie die künstlerische Weichenstellung. Es dürfte Königstorfers Vertrag (auch als Ausgleich zu und organisatorische Unterstützung von Kušej) verlängert werden.
Ist die Affäre schon gerichtlich aufgearbeitet? Nein. Warum nicht?
Nach einer Gutachten- und Prüfungsserie ist bei den diversen Rechtsstreits um die Burg schon länger Ruhe eingekehrt. Hartmann hatte nach seiner Entlassung auf finanzielle Entschädigung geklagt. Das Burgtheater wiederum hatte die Vertragsverlängerung Hartmanns durch die damalige Kulturministerin Claudia Schmied angefochten. Auch um Stantejsky ist ein arbeitsrechtlicher Prozess im Gange. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwalt letztlich hat vor wenigen Wochen nach dreijährigen Ermittlungen einen Vorhabensbericht an die Oberstaatsanwaltschaft Wien übermittelt. Diese prüft, ob Anklage gegen Hartmann, Stantejsky und ExHolding-Chef Georg Springer erhoben wird. Im Raum steht der Verdacht der Untreue und Bilanzfälschung, es gilt die Unschuldsvermutung. Zu erwarten ist, dass all dies zumindest erstinstanzlich noch in Bergmanns Amtszeit abgewickelt wird – um dem neuen Chef einen reibungslosen Start zu ermöglichen.