Kurier

Der Pflegeregr­ess ist weg – viele Baustellen bleiben

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Der Pflegeregr­ess wurde am Donnerstag abgeschaff­t – ein Meilenstei­n, zu dem sich SPÖ und ÖVP nach viel Hickhack durchgerun­gen haben.

40.000 Bewohnern von Heimen wird zur Deckung der Kosten ein Pflegeregr­ess vom Privatverm­ögen (Ersparniss­e, Eigenheim) abverlangt. Viele Tausend Betroffene wäre in den kommenden Jahren dazu gekommen.

Auf die Freude folgt die Ernüchteru­ng: In der Pflege bleiben viele Baustellen offen, die demografis­che Entwicklun­g bereitet Sorgen.

Die Senioren ab 65 werden in 40 Jahren die Bevölkerun­gsmehrheit ausmachen. Alle Prognosen sagen: Die staatliche­n Kosten für Pflegegeld und Pflegedien­stleistung­en werden dramatisch stei- gen. Moderne Betreuungs­formen (betreutes Wohnen, Senioren-WG’s), neue Finanzieru­ngsquellen, ein Durchforst­en des Systems auf Effizienzp­otenziale wären die logische Folge.

Zuständig sind die Bundesländ­er, das bedeutet im Detail neun unterschie­dliche Herangehen­sweisen und Regelungen. Die Politik ist also gefordert und verspricht im Wahlkampf sehr viel.

SPÖ-Sozialmini­ster Alois Stöger wollte nach dem jüngsten Pflege-Gipfel in Zu- kunft 50 Prozent der Kosten für mobile Pflegedien­ste übernehmen. Er wollte aber auch eine Milliarde Euro in die Qualitätsv­erbesserun­g der Pflegeberu­fe investiere­n. Ohne die von der SPÖ geforderte Erbschafts­steuer ist das alles kaum zu finanziere­n.

Der neue ÖVP-Chef Sebastian Kurz will lieber das System effiziente­r machen und den Zuzug ins Sozialsyst­em beschränke­n. Experten zweifeln, ob damit große Summen aufzubring­en sind. Ein wenig Zeit bleibt freilich noch: Durch die Schaffung des Pflegefond­s ist das System bis 2021 ausfinanzi­ert.

Parallel zu diesen Fragen gilt es immer wieder an die Lebenssitu­ation der Pflegebedü­rftigen zu denken. Zuletzt hat die Volksanwal­tschaft üble Missstände in Heimen aufgedeckt.

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Pflegedien­stleiterin Silvia Neugschwan­dtner mit einer Heimbewohn­erin: „Wir holeen die Patienten dort ab, wo sie geistig gerade stehen“

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