Patientenanwälte sehen Defizite in Spitälern
Pflegequalität. Nachholbedarf im Umgang mit multimorbiden und dementen Patienten
Die Patientenanwaltschaft bewertet die Pflegequalität in den Altenheimen auf einer Skala von Stufe 0 (gefährlich) bis Stufe 3 (optimal) mit 1 (sicher) bis 2 (angemessen). Das ist nur Mittelmaß. „’Angemessen’ sollte die Regel sein, weil sie im Heimvertrag festgelegt ist“, sagt Martin Kräftner, Beschwerdebetreuer in der nö. Patientenanwaltschaft. Das Problem: „Beim Pflegepersonal wird gespart. Angesichts dessen leisten die Bediensteten aber Unglaubliches.“
Noch stärker an der Personalschraube nach unten zu drehen, sei im Hinblick auf den steigenden Pflegebedarf bei der stark wachsenden Altersgruppe der 65plus und Demenzkranken kontraproduk- tiv: „Auch weitere Kontrollen sind nicht die Lösung, davon gibt es schon genug“, sagt Lisa Haderer, die seit dem Pflegeskandal in einem privaten Heim im niederösterreichischen Kirchstetten das neu installierte Team „Pflege“in der nö. Patientenanwaltschaft leitet. Nachholbedarf sieht sie vor allem in den Spitälern, die für ältere Menschen nicht gerüstet seien.
Um mehr Individualität in die Pflege zu bekommen, will Haderer einen Umdenkprozess. „Wir müssen den Bewohnern wieder mehr zutrauen und es auch aushalten, wenn sie etwa drei Tage nicht rasiert sind. Zuhause haben sie auch nicht immer perfekt ausgesehen.“Detto beim Arzt: „Wenn etwa beim Verabreichen von Medikamenten etwas passiert, sind immer die Pflege- kräfte schuld. Aber auch die Ärzte müssen viel mehr in die Pflicht genommen werden.“In vielen Fällen hätte der zuständige Mediziner im Heim zu wenig Zeit für zu viele Patienten. „Ein fix angestellter Hausarzt wäre ganz wichtig“, sagt Kräftner.
Und in den Krankenhäusern müssten endlich geriatrische Akut-Ambulanzen geschaffen werden – einerseits für pflegende Angehörige und das 24-Stunden-Pflegepersonal daheim, andererseits für die Heimbewohner. „Wir machen oft die Erfahrung, dass es in der Altenheilkunde vor allem im Umgang mit multimorbiden, teils dementen älteren Patienten große Defizite in den Spitälern gibt“, sagt Haderer.