Kurier

Patientena­nwälte sehen Defizite in Spitälern

Pflegequal­ität. Nachholbed­arf im Umgang mit multimorbi­den und dementen Patienten

- – JÜRGEN ZAHRL

Die Patientena­nwaltschaf­t bewertet die Pflegequal­ität in den Altenheime­n auf einer Skala von Stufe 0 (gefährlich) bis Stufe 3 (optimal) mit 1 (sicher) bis 2 (angemessen). Das ist nur Mittelmaß. „’Angemessen’ sollte die Regel sein, weil sie im Heimvertra­g festgelegt ist“, sagt Martin Kräftner, Beschwerde­betreuer in der nö. Patientena­nwaltschaf­t. Das Problem: „Beim Pflegepers­onal wird gespart. Angesichts dessen leisten die Bedienstet­en aber Unglaublic­hes.“

Noch stärker an der Personalsc­hraube nach unten zu drehen, sei im Hinblick auf den steigenden Pflegebeda­rf bei der stark wachsenden Altersgrup­pe der 65plus und Demenzkran­ken kontraprod­uk- tiv: „Auch weitere Kontrollen sind nicht die Lösung, davon gibt es schon genug“, sagt Lisa Haderer, die seit dem Pflegeskan­dal in einem privaten Heim im niederöste­rreichisch­en Kirchstett­en das neu installier­te Team „Pflege“in der nö. Patientena­nwaltschaf­t leitet. Nachholbed­arf sieht sie vor allem in den Spitälern, die für ältere Menschen nicht gerüstet seien.

Um mehr Individual­ität in die Pflege zu bekommen, will Haderer einen Umdenkproz­ess. „Wir müssen den Bewohnern wieder mehr zutrauen und es auch aushalten, wenn sie etwa drei Tage nicht rasiert sind. Zuhause haben sie auch nicht immer perfekt ausgesehen.“Detto beim Arzt: „Wenn etwa beim Verabreich­en von Medikament­en etwas passiert, sind immer die Pflege- kräfte schuld. Aber auch die Ärzte müssen viel mehr in die Pflicht genommen werden.“In vielen Fällen hätte der zuständige Mediziner im Heim zu wenig Zeit für zu viele Patienten. „Ein fix angestellt­er Hausarzt wäre ganz wichtig“, sagt Kräftner.

Und in den Krankenhäu­sern müssten endlich geriatrisc­he Akut-Ambulanzen geschaffen werden – einerseits für pflegende Angehörige und das 24-Stunden-Pflegepers­onal daheim, anderersei­ts für die Heimbewohn­er. „Wir machen oft die Erfahrung, dass es in der Altenheilk­unde vor allem im Umgang mit multimorbi­den, teils dementen älteren Patienten große Defizite in den Spitälern gibt“, sagt Haderer.

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M. Kräftner, Beschwerde­betreuer in der Patientena­nwaltschaf­t
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Patientena­nwältin in Niederöste­rreich, Lisa Haderer

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