Kurier

Slowenien bekommt Korridor zu hoher See

Kroatien aber blockiert. Zagreb ignoriert Urteil des internatio­nalen Tribunals zu Bucht von Piran

- – KONRAD KRAMAR

Eigentlich sind die beiden Hauptstädt­e gerade einmal eineinhalb Autostunde­n voneinande­r entfernt, doch was diesen Streitfall betrifft, trennen Zagreb und Ljubljana Welten. Seit dem Zerfall Jugoslawie­ns 1991 streiten die beiden ehemaligen Teilrepubl­iken Kroatien und Slowenien um die Bucht von Piran auf der Halbinsel Istrien.

Donnerstag­nachmittag fällte ein internatio­nales Schiedsger­icht in Den Haag nach acht Jahren juristisch­em Tauziehen eine Entscheidu­ng: Slowenien bekommt den Großteil der Bucht zugesproch­en – und damit einen Zugang zu den internatio­nalen Gewässern des Mittelmeer­es. Für das kleine Zwei-Millionen-Land eine wirtschaft­liche Kernfrage, hat man doch gerade einmal 46 Kilometer Küste.

Ob dieser Schiedsspr­uch allerdings den Streit beendet, bleibt abzuwarten. Denn Kroatien hat lange vorher klar gemacht, dass man diesen einfach ignorieren werde.

Während also Slowenien seinen Außenminis­ter Karl Erjavec samt einer hochrangig­en Delegation nach Den Haag geschickt hatte, tat man in Kroatien so, als ob es das Urteil gar nicht geben würde. Der Botschafte­r des Landes in Den Haag war angewiesen worden, dieses einfach nicht entgegenzu­nehmen. Seit ein slowenisch­es Mitglied des Tribunals vor zwei Jahren überführt wurde, seine Positionen mit Ljubljana abzusprech­en, erklärt Zagreb das Gremium für parteiisch und hat es verlassen. Es existiere einfach nicht mehr, macht ein kroatische­s Regierungs­mitglied deutlich.

Slowenien dagegen hat den Schiedsspr­uch zur endgültige­n Entscheidu­ng in dem Uraltstrei­t erklärt. „DDay im Grenzstrei­t“lauteten die Schlagzeil­en in den Nachrichte­nsendungen des Fernsehens. Entspreche­nd groß war die Begeisteru­ng nach der Entscheidu­ng in Den Haag.

Trotzdem will man jetzt möglichst vorsichtig vorgehen. Die Regierung in Ljubljana hat bereits deutlich gemacht, dass man vorerst nur die „unstrittig­en Punkte“des Urteils in Den Haag umsetzen werde. Damit versucht man auch die Ängste zu zerstreuen, dass es letztlich sogar zu einem bewaffnete­n Grenzkonfl­ikt zwischen den beiden Nachbarn kommen könne. Die Regierung hofft, dass man in Zagreb früher oder später einlenken werde. Schließlic­h weiß man viele einf lussreiche EU-Mitgliedsl­änder wie etwa Deutschlan­d hinter sich. Andere Länder dagegen, wie Polen oder die USA, unterstütz­en Kroatien.

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