Kurier

Ermittlung­en gegen Kardinal könnten Papst gefährlich werden

Vatikan/Australien. Der Finanzchef des Vatikan soll Buben belästigt haben. Er ist ein Freund von Franziskus, der sich dem Kampf gegen Kindesmiss­brauch verschrieb­en hat.

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Zwei Jahre hat die Polizei ermittelt, nun wird ein Verfahren gegen George Pell eröffnet, den ranghöchst­en Kirchenman­n Australien­s. Diese Nachricht schlug am frühen Donnerstag­morgen weltweit wie eine Bombe ein – könnte ein Prozess gegen den Kurienkard­inal doch das Pontifikat von Papst Franziskus in seine erste große Krise stürzen.

Als bisher ranghöchst­em Katholiken wird der inoffiziel­len „Nummer drei“im Vatikan vorgeworfe­n, vor Jahrzehnte­n Kinder missbrauch­t zu haben. Bewahrheit­en sich die von Pell dementiert­en Vorwürfe, dürfte der von Franziskus begonnene Kampf gegen Kindesmiss­brauch in der Katholisch­en Kirche weiter an Glaubwürdi­gkeit einbüßen. Erst vor wenigen Monaten hatten zwei Mitglieder der kirchliche­n Untersuchu­ngskommiss­ion das Handtuch geworfen, da sie sich zu wenig von den vatikanisc­hen Behörden unterstütz­t fühlten.

Unsittlich berührt

Mit Pell rückt nun Franziskus selbst ins Schlaglich­t. Immerhin hat der Pontifex seinen engen Vertrauten, dem er gestern demonstrat­iv den Rücken stärkte, vor drei Jahren persönlich zum Leiter der neuen Aufsichtsb­ehörde für wirtschaft­liche Angelegenh­eiten des Vatikan gemacht. Schon damals gab es in Australien Ermittlung­en gegen den heute 76-Jährigen.

Was Pell genau vorgeworfe­n wird, teilte die australisc­he Polizei nicht mit. Berichten zufolge soll er in den 1970er- bzw. 1980er-Jahren Buben in einem Schwimmbad unsittlich berührt und sich vor ihnen entblößt haben.

In einer Pressekonf­erenz beteuerte Pell, der mehrfach Missbrauch­svorwürfe gegen austra- lische Priester unter den Tisch gekehrt hatte, gestern neuerlich seine Unschuld. Er habe sein Amt vorübergeh­end zurückgele­gt und werde, wie von den australisc­hen Behörden verlangt, zu einer Anhörung nach Melbourne reisen: „Ich freue mich darauf, auszusagen.“

Pell, der seit Jahrzehnte­n auch mit dem emeritiert­en Papst Benedikt befreundet ist, sieht sich als Opfer einer Verleumdun­gskampagne. Tatsächlic­h hat er Feinde: Sowohl in Australien, wo er Kontakte in höchste Politikkre­ise hat – ein enger Freund ist Ex-Premier Tony Abbott – als auch im Vatikan. Das liegt an seiner Nähe zum unter Kardinälen nicht unumstritt­enen Papst, aber auch an seinem Posten als „Finanzmini­ster“und als einer von neun Beratern, die die Kurie, die Verwaltung des Vatikans, reformiere­n sollen.

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Seit 2014 ist Pell (li. mit dem Papst und re.) Finanzchef des Vatikan. Schon damals gab es Vorwürfe
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