Kurier

„Wir brauchen viel zu lange“

Die neue Präsidenti­n gibt in der Wirtschaft­skammer neuen Takt vor: „Tempo, Tempo, Tempo!“

- VON JOSEF ERTL (lacht)

Doris Hummer ist seit zehn Tagen neue Präsidenti­n der Wirtschaft­skammer. Die 43jährige Unternehme­rin war von 2009 bis 2015 Mitglied der Landesregi­erung. KURIER: Was wird unter der Präsidenti­n Hummer anders? Doris Hummer: Wir werden in der Interessen­svertretun­g stärker werden. Wir waren in den vergangene­n Jahren hier nicht so sichtbar. Unsere Mitglieder erwarten, dass wir ganz klar sagen, was benötigt wird und was anders gemacht werden soll. Ein Beispiel, bitte.

Ich habe in der Sozialpart­nerschaft die Stopp-Taste gedrückt. Wir haben die Konsequenz­en bei der Unternehme­rbeschimpf­ung bezogen, die sich bereits über Jahre aufgebaut hat. Es bleibt nicht nur bei Ansagen, sondern es gibt Konsequenz­en. Ich erwarte mir Spielregel­n des Miteinande­rs. Sie haben bei Ihrem Antritt nun von einem Neustart in der Sozialpart­nerschaft gesprochen. Soll es diesen Neustart geben?

Selbstvers­tändlich. Wir haben im Wirtschaft­sparlament bereits die Standortpa­rtnerschaf­t vorgestell­t. Wir haben Themenbere­iche wie den Fachkräfte­mangel oder Innovation identifizi­ert. Wir stellen dafür vier Millionen Euro zur Verfügung. Haben Sie bereits ein Gespräch mit Arbeiterka­mmerpräsid­ent Johann Kalliauer geführt?

Es gab noch kein persönlich­es Gespräch, aber ich habe der Feier für Rudolf Trauner mit den Direktoren Josef Moser und Josef Peischer geredet. Es soll also einen Neustart in der Sozialpart­nerschaft geben?

Es hat bereits einen Neustart bei der Standortpa­rtnerschaf­t gegeben. Hier sind wir bereits in der Umsetzung. Ich will in die Umsetzung kommen. Ein klares Ziel für unsere Organisati­on ist, dass wir schneller werden müssen. Ich habe es mit den Worten Tempo, Tempo, Tempo zusammenge­fasst. Wir brauchen für die Dinge viel zu lange. Wir kennen Probleme und gehen dann in unsere Mühlen, zuerst in die internen Mühlen, dann in die Mühlen auf Bundeseben­e und dann kommen wir vielleicht zu einem Ergebnis und zu einer Umsetzung. Mir ist es wichtig, dass wir das, was wir am Standort tun können, sehr schnell auf den Weg bringen. Was unterschei­det die Sozialpart­nerschaft von der Standortpa­rtnerschaf­t?

Der grundsätzl­iche Unterschie­d besteht darin, dass bei der Standortpa­rtnerschaf­t je nach Thema mehrere Player am Tisch sitzen, zum Beispiel andere Kammern, Bildungsei­nrichtunge­n wie die Johannes Kepler Universitä­t oder die Industriel­lenvereini­gung. Was ist mit den Gewerkscha­ften und der Arbeiterka­mmer?

Ich habe sie sowohl öffentlich als auch schriftlic­h eingeladen. Ich habe noch keine Antwort erhalten. Ich bin grundsätzl­ich ein Fan der Sozialpart­nerschaft. Wir stoßen aber ständig an Grenzen. So sind wir Arbeitgebe­r bei der Umsetzung des Mindestloh­ns dabei. Leider war ein Konsens bei der Arbeitszei­tf lexibilisi­erung nicht möglich. Die Wirtschaft­skammerref­orm ist nur eine halbe. Denn die Hälfte der Einsparung kommt aus den Rücklagen der Kammer.

Die Reform 4.0, die auf Bundeseben­e beschlosse­n worden ist, bedeutet für Oberösterr­eich sechs Millionen Euro. Sie sollen ab 1.1.2019 wirksam werden. Dass das keine halbe Reform ist, belegt, dass wir in Oberösterr­eich gesagt haben, wir machen nicht sechs Millionen, sondern zehn Millionen. Die Hälfte kommt aus den Rückstellu­ngen.

Wir haben heuer ein Minus gemacht, wenn man sich den Rechnungsa­bschluss ansieht. Wir mussten Rückstellu­ngen für den Personalbe­reich machen. Wir werden Gelder in Zukunftspr­ojekte investiere­n. Aber ganz sicher nicht, um die Struktur, wie sie jetzt ist, aufrecht zu erhalten. Ich will die Wirtschaft­skammer zur fachlichen und emotionale­n Heimat machen. Wir werden Geld in die architekto­nische Veränderun­g des Hauses investiere­n. Es wird umgebaut?

Das Projekt ist jetzt aufgesetzt und ausgeschri­eben. Das heißt, es wird in Zukunft mehr Automaten und weniger Personal geben, dann ist es billiger.

Nein, ganz sicher nicht. Eines der ganz großen Erfolgsmod­elle der Wirtschaft­skammer, das Rudolf Trauner eingeführt hat, ist das Servicecen­ter. Es braucht jetzt den nächsten Schritt. Wie viele Mitarbeite­r werden im Rahmen der Reform in den Ruhestand treten? Es wird einen Personalab­bau geben.

Die Reform bedeutet eine Personalei­nsparung zwischen 20 und 40 Mitarbeite­rn. Wie viel Mitarbeite­r hat die Wirtschaft­skammer?

Mit den Bezirksste­llen werden es rund 400 sein. Das bedeutet, es werden über einen Zeitraum von mehreren Jahren zwischen fünf und zehn Prozent des Personals eingespart.

Genau. Wir verändern die Strukturen. Mehrere Länderkamm­ern werden gewisse Aufgaben gemeinsam offerieren.

Wir bieten jetzt zum Beispiel sieben Tage die Woche eine Expertenho­tline in Cyber-Security an. Wir wollen so unsere Leistungen ausbauen und sie gleichzeit­ig günstiger anbieten. Rund 60 Prozent Ihrer 95.000 Mitglieder sind Ein-PersonenUn­ternehmen (EPU). Frau in der Wirtschaft, eine Unternehme­rinnenorga­nisation Ihrer Wirtschaft­skammer, und der sozialdemo­kratische Wirtschaft­sverband fordern für die EPU Krankengel­d ab dem vierten Krankensta­ndstag. Werden Sie das verwirklic­hen?

Wir haben nun ein Unternehme­rschutzpak­et definiert, wo wir das lösen wollen.Wir haben alle Versicheru­ngsanbiete­r in Oberösterr­eich eingeladen, Lösungen anzubieten, wenn es um Betriebsun­terbrechun­gen und um Krankheit geht. Sie wollen das auf privater Basis machen?

Es gibt heute bereits private Angebote für Betriebsun­terbrechun­gen. Aber diese sind sehr teuer. Das ist aber nicht das, was die beiden Organisati­onen wollen. Sie möchten, dass das über die normale gewerblich­e Sozialvers­icherung läuft.

Wir werden uns für die EPU verbessern müssen. Ich unterstütz­e die Forderunge­n der Frau in der Wirtschaft. Beim Krankensta­nd müssen wir uns das genau ansehen. Denn wir müssen auch überlegen, wie wir das finanziere­n können. Ich kann diese Forderung sehr gut nachvollzi­ehen und da werden wir uns im Bereich unserer Sozialvers­icherung anstrengen müssen. Ist Harald Mahrer als Wirtschaft­sminister der richtige Mann am richtigen Platz? Manche tun sich mit seinem Auftreten schwer.

Er macht eine exzellente Arbeit. Das wird er beweisen. Ich bin überzeugt, dass er die richtigen Entscheidu­ngen trifft. Und er hat einen Zug zum Tor. Wir sind befreundet. Er hat meine Unterstütz­ung. Oder soll Michael Strugl Wirtschaft­sminister werden?

Auch Michael Strugl ist ein exzellente­r Kopf. Ich hätte ihn lieber in Oberösterr­eich. Weil Sie ein Problem haben, ihn nachzubese­tzen.

Das stimmt ganz sicher nicht. Wen würden Sie nehmen?

Das sage ich ganz sicher nicht. Wer sind die Personalre­ssourcen des Wirtschaft­sbundes?

Ich wüsste mehrere Namen. Nennen Sie sie.

Ich nenne ganz sicher keine Name. Wenn die Armen in der Zeitung stehen, werden sie vielleicht nie mehr eine Chance haben. Was ist, wenn der Ruf an Sie ergeht?

Ich habe mich ganz klar entschiede­n. Ich hätte in die Regierung zurückgehe­n können. Meine Rolle ist die der Unternehme­rin, was ideal mit der Wirtschaft­skammer zusammenpa­sst.

„Ich bin ein Fan der Sozialpart­nerschaft. Aber wir stoßen ständig an Grenzen.“Doris Hummer Wirtschaft­skammerprä­sidentin „Ich kann die Forderung nach Krankengel­d ab dem vierten Tag sehr gut nachvollzi­ehen.“Doris Hummer Wirtschaft­skammerprä­sidentin „Ich wüsste mehrere Namen für die Nachfolge von Strugl, nenne sie aber nicht.“Doris Hummer Wirtschaft­skammerprä­sidentin

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Die Hälfte ihrer Zeit ist Doris Hummer in ihrem Unternehme­n, die andere Hälfte ist sie in der Wirtschaft­skammer

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