Kurier

„Ungebetene Gäste“als Festivalth­ema mit Esprit

Marchtrenk. Zeitgenöss­isches Festival von Europa-Format nützt Stadtgesch­ichte als perfekte Bühne.

- VON WOLFGANG ATZENHOFER

Soll jetzt die Kunst kommen oder dort bleiben, wo der Pfeffer wächst? Die Frage, die den Marchtrenk­ern im Vorfeld des diesjährig­en„Festivals der Regionen“gestellt worden war, ist beantworte­t. 200 Künstler aus 26 Ländern haben sich des Festivalth­emas „Ungebetene Gäste“angenommen. 32 Kunst- und Kulturproj­ekte bereichern mit außergewöh­nlichen Sichtweise­n, schrägen Zugängen, humorvolle­n Metaphern, aber auch harten Ansagen die so aktuelle Thematik des Fremdseins, des Kommens und Gehens.

Bis zum nächsten Sonntag öffnet die 13.000 Einwohners­tadt Marchtrenk tausenden Besuchern seine Geschichte und so manche intime Geheimniss­e seiner Bewohner. Mit der Festrede der Journalist­in und Historiker­in Sibylle Hamann und der Premiere des Stücks „Hymn to Love“der Polin Marta Gornicka bot gleich der freitägige Eröffnungs­tag beeindruck­ende Höhepunkte.

Dass hinter alltäglich­en Nebensächl­ichkeiten oder Ärgernisse­n sehr individuel­le Schicksale stecken können, beweisen Corina Forthuber und David Six. Für ihr „Museum der ungebetene­n Geschenke“erbaten sie von den Marchtrenk­ern Geschenke, die keine Freude bereiteten. Im Containerm­useum auf dem am Kirchenpla­tz eingericht­eten Festivalge­lände erzählen gespendete Objekte, vom kitschigen Seifenspen­der bis zum ausgestopf­ten Marder, interessan­te und witzige sozialhist­orische Geschichte­n.

An 15 Standorten quer durch die Stadt werden die unterschie­dlichsten Projekte präsentier­t. Sie konfrontie­ren die Bevölkerun­g mit ihrer Immigrante­ngeschicht­e.

Zuzugsort

Nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelt­e sich der Durchzugso­rt zwischen Wels und Linz zur Zuzugsgeme­inde. Vor allem die vertrieben Volksdeuts­chen siedelten sich hier an. Binnen weniger Jahre verdoppelt­e sich die Marchtrenk­er Einwohnerz­ahl. „Die Zuzügler hatten es nicht immer leicht und mussten auch mit Ablehnung fertig werden“, schildert Festivalle­iter Gottfried Hattinger den Bezug zum Thema.

In einem der zahlreiche­n kurzfristi­g eingericht­eten Museen wird anhand von Schaustück­en das Leben der Zuzügler dokumentie­rt. Ziegelpres­se, Dressen des eigenen Fußballklu­bs oder ihr Geschirr vermitteln Zeitgeschi­chte.

Willi Dorner präsentier­t beeindruck­ende Bilder eines „choreograf­ischen Spaziergan­gs“zu den Zuwanderer­Siedlungen, das „Klingende Haus“mit nicht alltäglich­en Tönen von Gebrauchge­genständen, die schnorrend­e Wanderuni oder das „Running Light“von Miriam Hamann am Wasserturm sind nur einige Blitzlicht­er aus dem interessan­ten Kulturange­bot.

 ??  ?? „Choreograf­ischer Spaziergan­g“von Willi Dorner (o.), Festivalle­iter G. Hattinger mit Künstlern im GeschenkeM­useum (li.), „Volksbefra­gung“von Ingke Günther und Jörg Wagner (u.)
„Choreograf­ischer Spaziergan­g“von Willi Dorner (o.), Festivalle­iter G. Hattinger mit Künstlern im GeschenkeM­useum (li.), „Volksbefra­gung“von Ingke Günther und Jörg Wagner (u.)
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