Landhaus zu Appesbach: Wohnen wie einst der Herzog von Windsor
Historisches Anwesen. In St. Wolfgang im Salzkammergut wartete Englands König Edward VIII auf die Scheidung der Frau, für die er auf den Thron verzichtet hatte. Heute ist das Landhaus zu Appesbach ein elegantes 4*-Hotel.
Es ist schön, dass es ein paar Plätze auf der Welt gibt, an denen die Zeit stehengeblieben zu sein scheint. So ein Platz ist das Landhaus zu Appesbach in St. Wolfgang im Salzkammergut. Vor etwas mehr als 100 Jahren gebaut, bietet das intime 4*-Hotel mit prächtiger Lage am Wolfgangsee die Atmosphäre vergangener Tage, die zwar nicht besser waren, dafür aber einen gewissen Charme ausstrahlten.
Es sind drei markante Bereiche, die dem Gast gleich bei der Ankunft ins Auge springen: Der traumhafte Blick zum Wolfgangsee, der unbezwingbare Liebreiz des efeuumrankten Landhauses und die Fotos König Edwards VIII von Großbritannien, die an der Rezeption, in den Gängen und in der Windsor Suite hängen.
Fünf Wochen Appesbach
Es ist nicht zu übersehen, dass die Geschichte des Hauses von diesem einen Besucher bestimmt ist: Im Frühjahr 1937 verbrachte der Monarch fünf Wochen im Landhaus zu Appesbach, um sich von seiner Abdankung als König zu erholen. Es hätte wohl keinen besseren Ort gegeben, sich nach dem Verlust des Throns zu sammeln und an ein neues, fast bürgerliches Leben in „splendid isolation“zu gewöhnen.
Die Windsor Suite im ersten Stock der Herrschaftsvilla erinnert heute noch an diesen historischen Aufenthalt. Die Möbel, der Kachelofen, das Badezimmer mit seiner in den Fußboden eingelassenen römischen Wanne sind unverändert geblieben. Wer hier nächtigt, schläft im selben Bett wie der Herzog und hängt seine Kleider in den selben weißen Schleiflackkasten. Geblieben ist auch der parkähnliche Garten mit britischem Rasen und gepflegter Kiesauffahrt. Ebenso wie der Badestrand, die private Bootsanlegestelle und der Blick auf die Berge und den verträumten Wolfgangsee – was dem Umstand zu danken ist, dass das gegenüberliegende Ufer nicht „verhüttelt“wurde.
Der neue Besitzer
Geändert haben sich hingegen die Besitzverhältnisse. Red-BullChef Dietrich Mateschitz hat das Hotel heuer im März gekauft und will es behutsam renovieren lassen. Das Landhaus zu Appesbach wurde vom Wiener Privatgelehrten Dr. Eduard Ortner im Jahr 1912 im englischen Landhausstil – also wie maßgeschneidert für den Herzog von Windsor – errichtet. Seit 1969 gehörte es der Hoteliersfamilie Schütten aus St. Wolfgang, die es bis zur Übergabe an Mateschitz als Hotel führte.
Der Duke of Windsor – das war sein Titel, nachdem er aus Liebe zu der Amerikanerin Wallis Simpson auf Englands Thron verzichtet hatte – ist in Appesbach allgegenwärtig. Man weiß, dass er unmittelbar nach seiner Abdankung nach nur knapp einjähriger Regentschaft im Dezember 1936 nach Österreich reiste, um zunächst einer Einladung des Barons Rothschild in Schloss Enzesfeld bei Wien zu folgen. Von dort ging’s direkt zum Landhaus zu Appesbach, das Dr. Ortner als Privatvilla verwendet, in besonderen Fällen aber auch vermietet hat. Und so ein besonderer Fall war natürlich der Herzog von Windsor.
Ortsgendarm als Security
Edward, von Freunden David gerufen, kam am 29. März 1937 in Begleitung seines Butlers in Appesbach an und bezog mit Hund Pookie das Appartement 5, die heutige Windsor Suite. Der Butler wurde im Zimmer 4 untergebracht. Als Bodyguard stellte die Gemeinde St. Wolfgang dem Herzog den Gendarmen Peter Pfarl zur Verfügung, der ihn meist zum Golf- und zum hauseigenen Tennisplatz begleitete.
Ein altes Schwarz-Weiß-Foto zeigt den Herzog lässig an die Brüstung der Terrasse des Herrenhauses gelehnt. Er geht dabei seiner sich selbst gestellten Hauptaufgabe am Wolfgangsee nach, nämlich auf die Scheidung seiner Geliebten zu warten: Noch war sie in zweiter Ehe verheiratet, und da Wallis Simpson überdies als „nicht standesgemäß“galt, hatte die britische Regierung dem König die Heirat untersagt.
„Es ist sehr friedlich hier, ein herrlicher und einsamer Flecken Erde“, schrieb Edward an Wallis, ehe er am 3. Mai 1937 in Appesbach den sehnsüchtig erwarteten Anruf erhielt, dass ihre Scheidung vollzogen sei. Der Herzog von Windsor verließ das Anwesen noch am selben Tag, um von Salzburg aus mit dem Orientexpress nach Verneuil bei Paris zu reisen, wo er Mrs. Simpson traf. Die Heirat erfolgte am 3. Juni, ebenfalls in Frankreich.
Traumblick zum See
Das Landhaus zu Appesbach hat heute 22 Fremdenzimmer, zwei Suiten und drei Juniorsuiten, die fast alle über einen Traumblick zum See verfügen. Frühstück, Mittag- und Abendessen werden bei Schönwetter auf der schattigen Terrasse eingenommen, wobei man sich neben Klassikern wie Beef Tartar, Schnitzel und Kalbsrückensteak auch auf Forellen und Reinanken aus dem Wolfgangsee freuen darf. Die Küche soll, so weiß es der langjährige Direktor Max Eidlhuber, schon exquisit gewesen sein, als der Duke of Windsor hier seine Mahlzeiten einnahm.
Der Verkauf an Dietrich Mateschitz hat übrigens nichts daran geändert, dass der Vorbesitzer und renommierte Pianist
Johnny Schütten sich zuweilen ans Klavier im Salon der Villa setzt und die Gäste mit Jazz und klassischer Musik unterhält.
Heimlich mit Wallis
Für den Herzog von Windsor war der Wolfgangsee kein Neuland. Er war bereits eineinhalb Jahre davor in Appesbach, wofür es allerdings keinen Nachweis gibt. Und zwar deshalb, weil er im September 1935 unter strengster Geheimhaltung gekommen war: In Begleitung von Wallis Simpson, über deren Existenz zu diesem Zeitpunkt noch niemand bescheid wusste. Mit Ausnahme des britischen Botschafters in Wien, Sir Walford Selby, der Edward das Landhaus als diskreten Rückzugsort empfohlen hatte.
Rücktritt war ein Glück
Für Appesbach war Edwards Thronverzicht ein Segen, da sein mehrwöchiger Exil-Aufenthalt am Wolfgangsee heute noch als einzigartige Werbemaßnahme dienlich ist. Ein Glück war der Rücktritt aber auch für die Weltgeschichte, weil sein Bruder und Nachfolger, König George VI. – der Vater der heutigen Queen – ganz im Gegensatz zu Edward klar und deutlich auf Distanz zu Hitler und den Nationalsozialisten ging.