Kurier

Allein unter Frauen

Der Blick der Frau

- VON Eastwood, Anm.) (Clint (lacht).

Sofia Coppola spricht über „Die Verführten“

Sofia Coppola ist die zweite Frau in der Geschichte, die auf dem Filmfestiv­al in Cannes mit dem Preis für beste Regie ausgezeich­net wurde. Mit ihrem sinnlichen Südstaaten-Thriller „Die Verführten“(im Kino) griff sie auf einen alten Filmstoff von Don Siegel zurück. Erzählt wird die Geschichte eines verwundete­n Soldaten aus den Nordstaate­n, der während des USBürgerkr­ieges Zuflucht in einem Mädchenpen­sionat in den Südstaaten findet. Durch seine Anwesenhei­t mischt er die erotischen Gefühle der Frauen auf, die ihn – von der Leiterin bis zur Schülerin – sehr begehrensw­ert finden.

Ein Gespräch mit Sofia Coppola über Nicole Kidman, weibliche Blicke und weiche Filmbilder. KURIER: Sie haben mit „Die Verführten“ein Remake von Don Siegels „Betrogen“von 1971 gemacht. Was hat Sie an dessen schwarz-humorigem SexDrama interessie­rt? Sofia Coppola: Ich habe den Film erst vor ein paar Jahren gesehen, und er hat mir gefallen. Gleichzeit­ig fand ich es herb, mit welcher Macho-Perspektiv­e die Hauptfigur

auf die Frauen blickt. Ich wollte kein direktes Remake machen, sondern dachte, es wäre interessan­t, den Film aus dem Blickwinke­l der Frauen zu erzählen. Dieser weibliche Blickwinke­l wird eindeutig erotisch, wenn etwa Hauptdarst­ellerin Nicole Kidman als Leiterin der Mädchensch­ule den verletzten Soldaten wäscht...

Ja, diese Szene habe ich erfunden. Ich wollte damit zeigen, wie fremd dieser Frau der Körper des Soldaten ist und wie er Konflikte in ihr auslöst – zwischen ih- rem Begehren und ihrer katholisch­en Religion. Nicole Kidman hat diese Szene natürlich auch noch auf ihre eigene Weise interpreti­ert. Sie ist eine großartige Schauspiel­erin, und ich konnte sie mir in dieser Rolle gut vorstellen, weil sie so einen abgefahren­en Sinn für Humor hat. Ich wusste, sie kann diese Person sehr real machen, ohne sie zu karikieren. Wie schwierig war es, den einzigen Mann, das Objekt der Begierde, zu casten? Sie haben gesagt, sie wollten jemanden, der sowohl Frauen als auch schwulen Männern gefällt?

Bei den weiblichen Rollen wusste ich gleich, wen ich haben will. Die Suche nach der männlichen Hauptrolle war das Schwierigs­te. Es sollte jemand sein, der auch für Frauen unterschie­dlicher Altersgrup­pen attraktiv, sexy und intelligen­t genug ist, um sie alle glaubhaft zu verwirren. Colin Farrell ist charmant und charismati­sch, aber ich weiß, dass er auch eine dunkle Seite hat. Und die braucht er, wenn er im Film eine radikale Kehrtwendu­ng vollziehen muss. Gleichzeit­ig wollte ich, dass sich die Geschichte immer real anfühlt, auch wenn sie eigentlich komplett überdreht ist. Apropos überdreht: Tatsächlic­h schlummert versteckte­r Humor unter der Oberfläche Ihres Films. Sehen Sie das auch so?

Ich fand vieles darin ausgesproc­hen witzig, aber ich habe mich sehr darum bemüht, die Geschichte nicht ins Lachhafte zu ziehen. Ich wollte eine gute Balance zwischen der Komik der Situation und der Intensität des Melodrams halten. Der Mann bringt die Ordnung der Mädchensch­ule völlig durcheinan­der. Beim Abendessen putzen sich alle heraus, um ihm zu gefallen. Inwiefern verändern Männer das Verhalten von Frauen?

Ich glaube, dass Frauen sich anders verhalten, wenn sie unter sich sind, als wenn Männer anwesend sind. Aber in den meisten Fällen ist es nicht so extrem wie in meinem Film, wo die Frauen schon seit drei Jahren keinen Mann mehr gesehen haben. Ich persönlich war noch nie so lange von der Männerwelt abgetrennt, insofern war es für mich nie so eine große Sache... Ihre Filme fühlen sich immer sehr persönlich an. Wie haben Sie diesmal Zugang zu Ihren Figuren gefunden?

Was diese unterschie­dlichen Frauen betrifft, so habe ich jedes Alter, in dem sie sich befinden, selbst erlebt. Dadurch kann ich ihre jeweilige Gefühlslag­e sehr gut nachvollzi­ehen. Sie haben nicht digital, sondern auf analogem Film gedreht?

Ich liebe 35-mm-Film, es macht einfach so wunderschö­ne Bilder, die eine eigene Qualität haben: Sie haben einen weicheren Look und fühlen sich mehr nach Vergangenh­eit an. Es erschien mir genau richtig für „Die Verführten“, der mich ein wenig an meinen Film „Die Selbstmord-Schwestern“erinnert. Der hatte eine ähnliche Ästhetik, doch „Die Verführten“nimmt eine andere Wendung und ist reifer. Ihr Film spielt in den Südstaaten. Stimmt es, dass Sie von Scarlett O’Hara aus „Vom Winde verweht“inspiriert waren?

Ja, ich habe „Vom Winde verweht“als Kind gesehen, und wenn ich an eine Frau aus den Südstaaten denke, denke ich automatisc­h an Scarlett O’Hara. Ich glaube, in jeder Südstaaten-Lady steckt ein Stück Scarlett O’Hara. Ihre Filme handeln meist von jungen Frauen, die nach ihrer Identität suchen. Was interessie­rt Sie so daran?

Das ist ein Thema, mit dem ich mich sehr identifizi­e- re und das ich, als ich aufgewachs­en bin, nicht sehr oft im Kino wiedergefu­nden habe. Ich finde ganz generell, dass man aus vielen verschiede­nen Perspektiv­en erzählen soll, denn ich will nicht immer nur Geschichte­n von weißen, heterosexu­ellen Männern vorgesetzt bekommen. Ich persönlich fühle mich der weiblichen Perspektiv­e am nächsten, aber ich möchte unterschie­dliche Erfahrunge­n im Kino machen. Denn dadurch können wir uns alle untereinan­der besser verstehen.

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