Grand Prix der bösen Buben
Sebastian Vettel. Der deutsche Verkehrssünder, andere Bruchpiloten und schlagkräftige Folgen
Einsicht sieht anders aus. Sebastian Vettel hat am eigenen Erscheinungsbild gekratzt, mit einem einzigen Lenkmanöver den Beweis erbracht, doch nicht der nette Junge von nebenan zu sein. Schon im Vorjahr offenbarte Vettel eine nicht ganz so reine Kinderstube, als er Renndirektor Whiting via Boxenfunk beschimpfte.
Spektakulärer ein anderer Fall, zuletzt geschehen beim Grand Prix von Aserbaidschan. Der Ferrari-Pilot fuhr seinem härtesten Konkurrenten in dessen Mercedes-Seite. Und kommentierte dies mit einem verbalen Muskelspiel: „Wir sind doch alle erwachsen, wollen hier Rennen fahren und unsere Ellenbogen benutzen.“Es war schlicht die Revanche für das zuvor stattgefundene vermeintliche Bremsmanöver Hamiltons, welches einen Auffahrunfall verursacht hatte.
Am Ende wurde Vettel trotz Zehn-Sekunden-Strafe Vierter, unmittelbar vor seinem Widersacher.
Gestern stand Vettels 30. Geburtstag im Kalender, doch statt den Tag in Feierlaune zu begehen, musste er bangen. Der Automobil-Weltverband FIA verlangte Klärung, stellte nach Erhalt derselben Strafen in den Raum. Sogar eine Rennsperre des viermaligen Weltmeisters erschien nicht ausgeschlossen. Die FIA jedoch verzichtete auf weitere Konsequenzen. Vettel habe die volle Verantwortung für den Vorfall übernommen und sich entschuldigt, gab die FIA am Montagabend bekannt. FIA-Präsident Jean Todt habe sich deshalb für eine Schließung des Falles entschieden.
Dennoch: Unfälle samt Ausraster haben Geschichte in der Formel 1. Eine kleine Übersicht:
1998 stürmt Michael Schumacher in die Box von David Coulthard, muss von mehreren Ferrari-Mitarbeitern im Zaum gehalten werden, weil der Deutsche der Meinung war, der McLarenPilot habe durch ein absichtliches Bremsmanöver einen Zusammenstoß verursacht.
Wildwest-Szenen in der damaligen Lotus-Garage von Ayrton Senna und WilliamsFahrer Nigel Mansell beim Grand Prix von Belgien 1987: Beide Wagen waren zuvor kollidiert. Und für beide war das Rennen zu Ende. Der tobende Brite packt den Brasilianer am Overall. Mansell erinnert sich: „Ich habe Rot gesehen, als ob es kein Morgen gäbe.“
Prügelei
1993 gewinnt Senna den GP von Japan und rastet dennoch aus. Formel-1-Debütant Eddie Irvine wird sein Opfer, weil er eine zu ungestüme Fahrweise an den Tag legte. „Du bist kein Rennfahrer, du bist ein verf luchter Idiot“, schreit Senna den Iren in dessen Kabine an. Irgendwann genügt dem heißblütigen Südamerikaner die Schimpftirade nicht mehr. Er schlägt Irvine ins Gesicht.
„Ich hatte das Rennen im Sack, und dann schießt mich dieser Idiot von der Strecke“, wütet Nelson Piquet in Hockenheim 1982. Der zu diesem Zeitpunkt im Brabham führende Brasilianer setzt sich im Rennen außen neben den ATS von Salazar und lenkt in die Schikane ein – dabei krachen die beiden Autos jedoch ineinander. Neben der Strecke geht’s dann in den Ring: Piquet springt aus seinem Wagen, läuft wild gestikulierend auf Salazar zu und schlägt und tritt voller Zorn auf den Chilenen ein.