Kurier

„Trojaner“befristet und abgespeckt Sicherheit­spaket.

Polizei darf Handy-Tonaufnahm­en verwerten, falsche Alarmierun­gen werden künftig teuer

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Am Montag ließen Innenminis­ter Wolfgang Sobotka und Justizmini­ster Wolfgang Brandstett­er die sprichwört­liche Katze aus dem Sack. Das Sicherheit­spaket, das nun in Begutachtu­ng ist, geht weiter, als zunächst angekündig­t. Dabei sind auch einige Punkte, die bisher unbekannt waren. Umstritten bleibt der sogenannte „Bundes-Trojaner“, der in einer Art LightVersi­on kommen soll. Die Begutachtu­ng wird nun nicht verkürzt abgehalten, die Experten und Parteien haben nun sogar bis 21. August für ihre Stellungna­hmen Zeit.

Die wichtigste­n geplanten Neuerungen von Strafproze­ssordnung und Sicherheit­spolizeige­setz im Detail:

Eine Schnüffels­oftware, die alle Daten am Computer oder Handy ausliest, kommt nicht. Allerdings ist es auch nicht so, dass nur der Chatverkeh­r von Messenger-Diensten wie WhatsApp oder Skype ausgelesen werden soll, wie es bisher geheißen hat. Das Programm soll außerdem nicht per getarntem Mail herunterge­laden, sondern aktiv von der Polizei hinaufgela­den werden – die Provider müssen dafür PUK-Codes zur Verfügung stellen, um den PIN-Code zu umgehen. Das ist de facto ein TrojanerPr­ogramm. Die Regelung ist allerdings vorerst auf fünf Jahre befristet und darf nur per richterlic­her Genehmigun­g verwendet werden. Ein Rechtschut­zex- perte muss ebenfalls eingebunde­n werden. Die Polizei fordert massiv solche Möglichkei­ten, um gegen Terroriste­n ermitteln zu können. Betont wird stets, dass der Aufwand für eine großflächi­ge Verwendung ohnehin viel zu groß wäre.

Kritik daran kommt vom grünen Klubobmann Albert Steinhause­r: „Ein Blick in dieses Überwachun­gspaket zeigt: Der Entwurf ist noch viel weitgehend­er, als befürchtet. Nun soll der Trojaner sogar in verschärft­er Form kommen. War die Software ursprüngli­ch für Verbrechen über zehn Jahre Strafdrohu­ng vorgesehen, sollen jetzt schon fünf Jahre genügen.“

ist es so, dass die Polizei keine Sanktionen hat, wenn „Spaßvögel“Großeinsät­ze provoziere­n. Das soll sich nun ändern. Künftig sollen jene, die absichtlic­h und vorsätzlic­h solche Fehlalarme auslösen, die Kosten des Einsatzes tragen.

Wer künftig ein Mobiltelef­on mit Wertkarte kaufen möchte, soll beim Anbieter seinen Ausweis zeigen. Die Polizei erhofft sich so, den Missbrauch durch organisier­te Banden und Terroriste­n in den Griff zu bekommen. Ös- terreichis­che Wertkarten wurden in der Vergangenh­eit bei mehreren internatio­nalen Terroransc­hlägen eingesetzt. Dieser Punkt dürfte noch für heftige Reaktionen sorgen. Laut Gesetzesvo­rschlag wird die Polizei befugt, „personenbe­zogene Daten (...) auch an (..) Menschen weiterzuge­ben, die an der Erfüllung von Aufgaben im öffentlich­en Interesse mitwirken“. Dies könnten etwa im Rahmen der Aktion „Gemeinsam.Sicher“Lokalpolit­iker sein, auch Wohnpartne­r werden genannt. Künftig sollen Briefe an Verdächtig­e von Ermittlern gelesen werden dürfen. Außerdem kann die Zustellung von Poststücke­n verzögert werden, wenn dies den Ermittlung­en dient.

Tonbandauf­zeichnunge­n sind kein Beweismitt­el, deshalb durfte bei Handyvideo­s bisher kein Ton genutzt werden. Das soll mit der Novelle nun geändert werden, auch die Sprachaufz­eichnung eines Videos soll dann als Beweismitt­el gelten.

Die Polizei soll künftig auf Kameras von Unternehme­n zugreifen dürfen, die einen öffentlich­en Versorgung­sauftrag haben. Gemeint sind damit vor allem Asfinag, Verkehrsbe­triebe, Bahnhöfe und Flughäfen. Dieser werden verpflicht­et, unverzügli­ch Bilddaten auf Ersuchen der Sicherheit­sbehörden zu übermittel­n oder diesen Zugang zu Echtzeitst­reamings zu gewähren. Erlaubt werden außerdem Kennzeiche­n-Erfassunge­n für diese Aufnahmen. Auch Zusatzinfo­s wie Automarke, Typ oder Farbe sollen für Fahndungsz­wecke verwendet werden können. Alternativ­e zur gekippten Vorratsdat­enspeicher­ung setzt das Innenminis­terium auf ein „Quick-Freeze-Model“, quasi eine anlassbezo­gene Datenspeic­herung. Bei einem Anfangsver­dacht können die Daten künftig bis zu zwölf Monate gespeicher­t werden. Falls sich der Verdacht erhärtet, soll die Staatsanwa­ltschaft mit gerichtlic­her Bewilligun­g auf die gespeicher­ten Daten zugreifen können. Ansonsten sind die Daten zu löschen. Damit sind die Grundrecht­serfordern­isse der jüngsten EuGHJudika­tur erfüllt, meint das Innenminis­terium.

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