Kurier

Zlatko Junuzovic im großen Interview

Zlatko Junuzovic. Der ÖFB-Teamspiele­r und Werder-Kapitän über seine Jahre in Bremen, einen möglichen Wechsel und über seine Jugend als Flüchtling­skind in Österreich.

- VON CHRISTOPH GEILER kam mit fünf Jahren nach Kärnten

Der Teamspiele­r und Bremen-Kapitän denkt bereits an die nächsten Karrieresc­hritte.

Bleibt er? Geht er in die Türkei? Wechselt er nach England? Oder unterschre­ibt er bald einen neuen Vertrag bei Werder? Es scheint im Trainingsl­ager von Bremen im Zillertal dieser Tage nur ein Thema zu geben: die Zukunft von Zlatko Junuzovic, dessen Karriere irgendwann wieder bei der Austria enden soll. Der KURIER traf den Werder-Kapitän im Teamquarti­er im Posthotel in Zell am Ziller zum Interview.

KURIER: Herr Junuzovic, ganz ehrlich: Wie sehr nervt Sie die Frage nach Ihrer Zukunft inzwischen schon?

Zlatko Junuzovic: Es ist manchmal schon mühsam, wenn du immer nur auf das Gleiche angesproch­en wirst. Aber ich kenne das Spiel, man versucht da natürlich auch, mich etwas aus der Reserve zu locken. Ich verstehe auch, dass sich die Werder-Fans ihre Gedanken machen, wie’s weitergeht. Ich bin der Kapitän, einige Spieler haben uns verlassen. Das ist dann Thema. Aber wie geht es denn nun wirklich mit Ihnen weiter?

Das Angebot von Trabzon war wirklich sehr lukrativ, und ich habe mich auch damit beschäftig­t. Das habe ich auch immer so kommunizie­rt. Ich bin sowieso einer, der mit offenen Karten spielt, und daher sage ich auch, dass ich mir meine Gedanken mache, wie es für mich und meine Familie weitergeht. Nichtsdest­otrotz bin ich sehr froh, dass ich in Bremen bin, deswegen habe ich vor zwei Jahren verlängert und ich respektier­e den Vertrag, aber ... ...aber?

Aber ich habe als Fußballer nun einmal nur eine Karriere. Und eines muss dabei auch jedem klar sein: Du bestimmst als Spieler allein über deine Karriere, und nicht die Öffentlich­keit. Deswegen kann ich die ganze Aufregung der letzten Tage nicht ganz nachvollzi­ehen, jeder Spieler macht sich selbstvers­tändlich über seine Zukunft Gedanken. Es sollte daher respektier­t werden, dass man zwei, drei Tage über etwas nachdenkt. Vielleicht sieht man an den Diskussion­en Ihren Stellenwer­t für den Verein: Sie sind der neue Kapitän und gehören fast schon zum Werder-Inventar.

Mir ist das jetzt selbst einmal aufgefalle­n: Es ist im Grunde nur noch ein Spieler in der Mannschaft (Philipp

Bargfrede, Anm.), der schon 2012 da war, als ich nach Bremen gekommen bin. Schon daran kann man sehen, dass ich eine große Verbundenh­eit zum Verein habe. Was hat sich verändert?

Als ich 2012 nach Bremen gekommen bin, war die Blickricht­ung eine andere. Da hat man wegen der Erfolge in der Vergangenh­eit immer ein wenig nach der Europa League oder gar der Champions League geschielt. Stattdesse­n spielte der Verein zuletzt meist gegen den Abstieg.

Jeder weiß, wie schwierig es in dieser Liga ist. Die Bundesliga ist einfach unberechen­bar, man muss ja nur einmal schauen, welche Teams im vergangene­n Jahr unten dringestec­kt sind. Ich kann die Fans verstehen, dass sie den alten Werder-Zeiten etwas nachtrauer­n. Anderersei­ts war gerade der Zusammenha­lt unserer Fans in den letzten Jahren beeindruck­end und hat uns durch viele schwierige Phasen geholfen. Das war außergewöh­nlich. Sie sind in Bremen zu einem regelrecht­en Abstiegska­mpf-Spezialist­en geworden. Wie sehr geht das an die Substanz?

Offen gesagt ist das richtig mühsam. Nicht nur für uns Spieler, für alle rund um den Verein. Niemand will, dass Werder da hinten drinnen steht. Das laugt einen mit der Zeit dermaßen aus, vor allem mental. Wenn du auf den unteren Tabellenpl­ätzen stehst, dann hast du das Thema Abstieg ständig im Kopf. Du nimmst es mit nach Hause, die Familie bekommt das zu spüren, und du kommst eigentlich nie richtig zur Ruhe. Weil du weißt, dass da viel dranhängt. Sie sind Vater und werden bald 30. Ändert das Ihre Sichtweise auf den Fußball? Ertappen Sie sich dabei, dass Sie an die Karriere danach denken?

Ich kann’s nicht ändern, dass bei mir jetzt bald der Dreier vor- ne steht. Daran sieht man, wie schnell so eine Karriere vergeht. Man macht sich als Familienva­ter und mit meinem Alter sicher mehr Gedanken. Ich bereite mich auch schon auf die Zeit nach dem Fußball vor. Inwiefern?

Ich habe zum Beispiel im vergangene­n Jahr eine Sportmanag­ement-Ausbildung gemacht. Es war gar nicht so einfach, neben dem Fuß

ball dafür die Zeit zu finden. Das verlangt viel Disziplin, und auch an das Lernen habe ich mich erst wieder gewöhnen müssen. Da habe ich mich dann am Abend schon überwinden müssen, die Unterlagen durchzugeh­en. Ich bin aber froh, dass ich das gemacht und durchgezog­en habe. Das verändert natürlich auch den Blickwinke­l auf den Sport. Themenwech­sel: Sie sind ein Flüchtling­skind und mit Ihren Eltern mit fünf Jahren nach Österreich gekommen. Aktuell wird wieder viel über die Flüchtling­sproblemat­ik gesprochen: Beschäftig­t Sie das eigentlich?

Grundsätzl­ich möchte ich mich zu dieser Thematik nicht großartig äußern, weil es ein politische­s Thema ist. Ich habe Vertrauen, dass die Politiker eine gute Lösung finden werden, obwohl das sicher nicht einfach ist. Eines kann ich aus meiner Sicht und meiner Erfahrung aber schon sagen ... Nämlich? Dass es extrem wichtig ist, sich zu integriere­n. Genau das hat damals unsere Familie von Anfang an gemacht, obwohl es wirklich nicht einfach war. Mein Vater war Richter, diesen Beruf konnte er in Österreich nicht mehr ausüben. Meine Eltern mussten sich in einem fremden Land völlig neu orientiere­n. Sie haben sofort darauf geschaut, dass wir Kinder die Sprache lernen und uns an die Kultur anpassen. Ich bin meinen Eltern extrem dankbar, dass sie meine Schwester und mich so unterstütz­t haben und uns die Chance ermöglicht haben, dass wir uns im neuen Land entwickeln können.

„Wir haben von Anfang an versucht, uns zu integriere­n. Obwohl es wirklich nicht einfach war.“Zlatko Junuzovic

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Bremer Regisseur: Bei Werder ist Zlatko Junuzovic seit 2012 am Ball
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