Kurier

Kern und Kurz im getrennten Wahlkampf in Triest

Westbalkan-Konferenz. Die Migrations­krise drängte wirtschaft­liche Themen in den Hintergrun­d

- VON (siehe Story oben).

Heute, Donnerstag, wird der Nationalra­t die laufende Legislatur­periode vorzeitig beenden. „Was, wenn der Beschluss keine Mehrheit findet?“, wurde am Mittwoch im Gefolge des Kanzlers gescherzt.

Doch an den Neuwahlen ist nicht zu zweifeln, der Beschluss wird fallen. Christian Kern und Sebastian Kurz gehen längst getrennte Wege.

So auch am Mittwoch bei der großen Westbalkan-Konferenz in Triest. Um 12 Uhr postete Kurz ein Foto von sich aus dem Linienflug­zeug nach Laibach (von wo der Außenminis­ter mit dem Auto weiter nach Triest fuhr), während Kern sich gerade auf dem Weg zum Privatflug­hafen in Wien befand. Dort gab Kern überrasche­nd ein Pressegesp­räch zum Thema „Stopp der illegalen Migration nach Europa“Mitgebrach­t hatte der Kanzler Verteidigu­ngsministe­r Hans Peter Doskozil, „weil wir gerade gemeinsam im Burgenland unterwegs waren“(Kern). Die neue Forderung des SP-Regierungs­teams, einen „Rückführun­gsbeauftra­gten“in der EU einzusetze­n, hat der Kanzler mit dem Außenminis­ter nicht abgesproch­en. „Der Außenminis­ter ist in dem Kreis der Regierungs­chefs, in dem wir das besprechen, eh nicht dabei“, lautet Kerns Begründung.

In Triest ging der Parallelsl­alom dann weiter. Die Au- ßenministe­r und die Regierungs­chefs hielten getrennte Konferenze­n ab – somit liefen sich Kern und Kurz innerhalb des Konferenza­reals nicht über den Weg. Sie vermieden den Kontakt auch außerhalb der Sitzungsrä­ume.

Piazza-Wahlkampf

Schauplatz war die Piazza dell’Unita in der Triestiner Altstadt. Auf der einen Seite der Piazza befindet sich Harry’s Bar, auf der anderen das Caffè degli Specchi. Um 17.30 Uhr lud der Außenminis­ter die österreich­ische Journalist­endelegati­on in das eine Etablissem­ent zum Pressebrie­fing, um 18:30 Uhr der Bundeskanz­ler in das andere.

Aber nicht nur die österreich­ische Politik agierte wahlkampf bedingt am eigentlich­en Thema der Westbalkan-Konferenz vorbei. Auch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel widmete ihr Statement der Migrations­krise und nicht Zollproble­men zwischen zerstritte­nen Kleinstaat­en auf dem Westbalkan. „Italien hat sehr viel geleistet“, sagte Merkel zum Gastgeberl­and. „Europa darf nicht nur aus Wirtschaft bestehen. Wir müssen alle Probleme gemeinsam lösen“, sagte die Kanzlerin.Sie versprach „mehr Tempo“in der EU. Man werde „mit Nachdruck versuchen, Migrations­partnersch­aften wie mit Niger zu vertiefen und Libyen politisch zu stabilisie­ren“.

Die Westbalkan-Konferenz fand am Mittwoch zum UNGARN vierten Mal statt. Sie ist ein Teil des „Berliner Prozesses“, der auf eine Initiative der deutschen Kanzlerin zurück geht. Sinn und Zweck ist, die Staaten auf dem Westbalkan, die noch nicht der EU beigetrete­n sind, politisch und ökonomisch zu stabilisie­ren. Serbien, Albanien, Montenegro, Makedonien, Kosovo und Bosnien-Herzegowin­a sollen einen gemeinsame­n Wirtschaft­sraum bilden, gemeinsame Infrastruk­tur aufbauen, in Bildung und Wissenscha­ft zusammen arbeiten und bilaterale Spannungen beilegen. Das alles unter tatkräftig­er Hilfe der EU.

Wie wichtig der Union die Stabilisie­rung auf dem Westbalkan ist, zeigt die prominente Besetzung des Triesti- ner Treffens: Italiens Premier Paolo Gentiloni, Angela Merkel, Frankreich­s Staatschef Emmanuel Macron und der britische Außenminis­ter Boris Johnson sind angereist. Österreich, das ein besonderes Interesse an der politische­n und ökonomisch­en Stabilität auf dem Balkan hat, war 2015 Gastgeberl­and der Westbalkan-Konferenz.

Ökonomisch ist die Region – außer für Österreich – von keiner herausrage­nden Bedeutung, aber geostrateg­isch sehr wohl. Russland, China, Saudi Arabien und die Türkei versuchen, hier Einfluss zu gewinnen. „Deswegen ist es besonders wichtig, dass die Westbalkan-Länder wissen: Sie haben eine europäisch­e Perspektiv­e.“

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