Kurier

Links, rechts – Populisten im Aufwind

Trendstudi­e. Ein Fünftel der Wähler in Europa stimmt für Populisten / In sieben EU-Staaten regieren sie mit

- AUS BRÜSSEL (18,4 % Grafik). in 15 EU-Ländern, siehe

Der Seufzer der Erleichter­ung nach der ersten Runde der französisc­hen Präsidente­nwahl war in ganz Europa zu hören – das befürchtet­e Schreckens­szenario hatte sich nicht bewahrheit­et: Linkspopul­ist Jean-Luc Mélenchon flog aus dem Wahlrennen, und Rechts-Populistin Marine Le Pen hatte gegenüber dem späteren Wahlsieger Emmanuel Macron keine Chance. Doch was in der Euphorie über den Wahltriump­h des neuen französisc­hen Staatschef­s unterging, war die Tatsache, dass Rechts- und Linkspopul­isten in Frankreich nie zuvor so viele Wähler gehabt haben.

Damit liegt die Grande Nation voll im europäisch­en Trend. Die populistis­chen Parteien befinden sich im Aufwind, wobei die Rechtspopu­listen konstant, die Linkspopul­isten schubartig zulegten. Zu diesem Schluss kommt die Studie „Authoritar­ian Populism Index 2017“, für die sechs europäisch­e Thinktanks 33 Länder in Europa im Zeitraum von 1980 bis zum Vorjahr untersucht haben.

55,8 Millionen Europäer haben demnach bei ihren jeweils letzten Parlaments­wah- len populistis­che Parteien gewählt. Das entspricht 21,4 Prozent der Wähler Europas

Oder: Von insgesamt 7843 Abgeordnet­ensitzen halten 1342 Populisten innen.

Damit haben die Populisten, seien sie von der rechten oder von der linke Seite, die liberalen Parteien als drittstärk­ste politische Kraft auf dem Kontinent abgelöst. In neun europäisch­en Ländern, sieben davon EU-Staaten, sind sie Teil der Regierung und haben damit so viel Macht wie nie zuvor. Das könnte noch mehr werden, heißt es in der Studie, „zumal Länder wie Österreich und Italien bald Wahlen abhalten werden“.

„Der Links-Populismus hat direkt nach der Finanzkris­e seinen Aufschwung genommen“, schildert Andreas Johannson Heinö, einer der Studienaut­oren, dem KURIER. So erhielten die LinksPopul­isten 2010 nur rund drei Prozent der europawei- ten Stimmen. Jetzt sind es doppelt so viele. In Zypern, Italien und Spanien erzielten die Links-Anti-Establishm­ent-Parteien zuletzt 25, 28 und 21 Prozent. In Griechenla­nd holte Alexis Tsipras mit seiner linken SYRIZA gleich 45 Prozent der Stimmen.

Die wachsende Ablehnung von Globalisie­rung, Zuwanderun­g und Flüchtling­en, EU-Integratio­n und Multikultu­ralismus sieht Johansson hingegen als Mobilisier­ungsfaktor für die Rechtspopu­listen. „Ihr langsamer, aber ständiger Zuwachs zeigt, dass es sich nicht um ein vorübergeh­endes Phänomen handelt, sondern dass es dafür strukturel­le Ursachen gibt.“

Österreich auf Platz 4

Den höchsten Wählerante­il von Rechtspopu­listen ortet die Studie in Ungarn, wo Premier Orbán mit seiner nationalko­nservative­n FIDESZ-Partei regiert. Ihm ist die ultra-rechte Jobbik-Partei auf den Fersen. Zusammen wird das rechtspopu­listische Wählerrese­rvoir mit 65 Prozent beziffert. Darauf folgen Polen (46 Prozent), die Schweiz (31 Prozent) und Österreich: 2013 hatten die FPÖ und das BZÖ gemeinsam 24 Prozent der Stimmen gewonnen.

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