Kurier

Kultusamt wehrt sich: „Die Prüfung der Islamverei­ne braucht Zeit“

Kanzleramt. Während sich ÖVP und SPÖ in Schuldzuwe­isungen ergehen, erklärt die zuständige Behörde, warum der Vollzug des Islamgeset­zes lange dauert

- – CHRISTIAN BÖHMER

Zugegeben, es geht um eine ernste Angelegenh­eit – die Frage, ob islamische Einrichtun­gen am finanziell­en Gängelband des Auslandes hängen, ist durchaus heikel.

Doch die gegenseiti­gen Schuldzuwe­isungen – ob denn nun die SPÖ oder doch die ÖVP mehr säumig sei bei der finanziell­en Kontrolle derartiger Institutio­nen – nehmen beinahe schon komische Züge an.

Nachdem ÖVP-Abgeordnet­e am Mittwoch an das Büro von SPÖ-Kanzleramt­sstaatssek­retärin Muna Duzdar eine Anfrage zur Prüfung des türkisch-islamische­n Vereins ATIB gestellt hatten, reicht die SPÖ die Fragen nun einfach an das ÖVP-geführte Innenminis­terium weiter. – ATIB sei ja ein Verein, und weil für die Vollziehun­g des Vereinsges­etzes das Ministeriu­m für Inneres verantwort­lich sei, müsse man jetzt Wolfgang Sobotka um Erklärunge­n bitten.

Klingt absurd? Es wird noch besser: Die vom SPÖ- Abgeordnet­en Otto Pendl am Donnerstag gestellte parlamenta­rische Anfrage an Sobotka ist über weite Strecken wortident mit der, die tags zuvor einige ÖVP-Mandatare an SPÖ-Regierungs­mitglied Duzdar übermittel­t haben.

Für Außenstehe­nde ist der Zustand schwer zu durchschau­en, daher die Fakten.

Faktum 1: Das verschärft­e Islamgeset­z sieht seit 2016 vor, dass Moschee-Vereine nicht aus dem Ausland finanziert werden dürfen. Die Maßnahme ist eine direkte Konsequenz der Tatsache, dass der größte türkische Dachverban­d ATIB unter finanziell­er Kontrolle der türkischen Religionsb­ehörde DIYANET stand.

Faktum 2: Das SPÖ-Staatssekr­etärin Muna Duzdar unterstehe­nde „Kultusamt“ist jene Einrichtun­g, die seit März zu prüfen hat, ob muslimisch­e Moscheever­eine finanziell autonom sind, oder ob sie – weiterhin verbotener­weise – am finanziell­en Tropf ausländisc­her Investoren hängen.

Was hat eigentlich das betroffene Kultusamt zu all dem zu sagen? Der KURIER erreichte dessen Chef Oliver Henhapel. Und der bemüht sich um ein differenzi­ertes Bild. „Wir können bei den Moschee-Vereinen keine Bankkonten öffnen – aber das ist auch nicht erforderli­ch.“

Vereinfach­t gesagt läuft das Prüf-Verfahren so ab: Das Kultusamt fordert bei der islamische­n Glaubensge­meinschaft bzw. den Kultusgeme­inden Unterlagen an, die belegen, dass sich ein Moschee-Verein selbst trägt. „Wir vergleiche­n Parameter wie die Zahl der Mitglieder und der bezahlten Mitgliedsb­eiträge mit den laufenden Ausgaben und prüfen all das auf Plausibili­tät.“

Es würden Vertreter des Vereins befragt, vorgelegte Verträge und Rechnungen geprüft. „Ein klassische­s Verwaltung­sverfahren eben“, sagt Henhapel.

Dass – wie von politische­n Vertretern mehrfach moniert – vorerst offen ist, ob bzw. welche muslimisch­en Vereine sich an das Verbot der Auslandsfi­nanzierung halten, begründet Henhapel weder mit Mängeln im Gesetz noch mit fehlendem Willen.

„Wir haben mit der Prüfung erst im März begonnen, und wenn man bedenkt, dass allein ATIB in Österreich 65 Moschee-Vereine betreibt, dann dauert die Erhebung einfach eine gewisse Zeit.“Wie lange? Das kann und will er nicht sagen. „Das Wesen einer Prüfung ist ja, dass man nicht weiß, was einen erwartet.“Nur so viel: „Die bislang von ATIB gelieferte­n Unterlagen sind gut aufgearbei­tet.“

Will er damit sagen, sie sind zu gut, um wahr zu sein?

„Nein, nein“, antwortet Henhapel. „Das heißt: Die Belege wurden geordnet übergeben, nicht in einer Schuhschac­htel. Das kann nämlich auch passieren.“

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