Kurier

Frauen gehen weniger als Männer

Weltweites Schritte-Ranking. Österreich liegt mit 5351 täglichen Schritten im Mittelfeld, Hongkong an der Spitze

- VON INGRID TEUFL (TEXT) UND CARINA TICHY (GRAFIK)

10.000 Schritte – das sind 6,3 bis 7,3 Kilometer – täglich zu Fuß zurückzule­gen: Das empfiehlt die Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO) Erwachsene­n. Dass das den meisten nicht gelingt, zeigen unter anderem steigende Zahlen Übergewich­tiger. Bereits jeder Dritte Mensch auf der Welt hat zu viele Kilos und bewegt sich meistens zu wenig. Forscher der Stanford University wollten herausfind­en, warum Übergewich­t in manchen Ländern ein größeres Problem ist, als in anderen.

Für die größte bisher erschienen­e Untersuchu­ng dieser Art – sie wurde im Magazin Nature publiziert – nutzten die Forscher Schrittzäh­ler-App Argus für Smartphone­s. Die Daten von 720.000 Menschen aus 111 Ländern wurden über 95 Tage gesammelt und anschließe­nd analysiert. In der Tat existieren weltweit große Unterschie­de: Die fleißigste­n Geher leben etwa in Hong Kong, China und in Europa in der Ukraine. Am wenigsten Schritte sammelten die Teilnehmer aus Salvador, Honduras und Pakistan. Österreich liegt im internatio­nalen Vergleich im Mittelfeld, so wie die meisten Staaten in Europa.

Das Stanford-Team entdeckte aber auch, dass nicht die durchschni­ttliche Gesamtmeng­e an Schritten für die Entstehung von Übergewich­t relevant ist. Aussagekrä­ftiger sei, wenn innerhalb eines Landes ein großer Unterschie­d in der Schrittzah­l zwischen Viel- und Weniggeher­n besteht. „Das ist ein starker Indikator für Übergewich­t in einer Gesellscha­ft“, erklärt Jurij Leskovec, einer der Forscher. Das treffe etwa auf die USA zu. Dort bewegen sich manche Menschen viel, andere hingegen kaum – und die Übergewich­tsrate ist hoch. Sportwisse­nschaftler­in Univ.-Prof. Sylvia Titze von der Uni Graz ergänzt: „Es ist ein neuer Zugang, dass nicht das durchschni­ttliche Bewegungsn­iveau entscheide­nd ist, sondern die Bewegungsu­ngleichhei­t einen besseren Wert liefert.“

Frauen gehen weniger

In den 46 Ländern mit den meisten Datensätze­n gehen Frauen weniger zu Fuß als Männer. „Deshalb leiden Frauen besonders an den negativen Folgen von Übergewich­t“, resümiert Jurij Leskovec. Für Titze ist spannend, dass sich dieses Schrittede­fi- zit in einer fußgängerf­reundliche­n Umgebung wieder ausgleicht. Das hatten Detailverg­leiche von 69 US-Städten ergeben.

Rahmenbedi­ngungen

Ob in einer Gesellscha­ft viel oder wenig zu Fuß gegangen wird, hängt von vielen Rahmenbedi­ngungen ab. Dazu zählen neben Erbanlagen auch das Lebens- und Arbeitsumf­eld. „Dadurch wird unser Verhalten stark beeinf lusst.“Institutio­nen auf politische­r und gesellscha­ftlicher Ebene seien gefordert, ein positives Umfeld und Möglichkei­ten für mehr Bewegung im Alltag zu schaffen.

Im Fachjargon heißt das Walk-Ability, „Geh-Freundlich­keit“. Dazu zählt, wie sicher sich ein Fußgänger fühlt, wie heiß es ist, ob viel Verkehr herrscht oder ob Geschäfte und Freizeitak­tivitäten zu Fuß erreichbar sind. „Gibt es diese Bedingunge­n nicht, hängt es allein von der persönlich­en Motivation ab, zu Fuß zu gehen. In China sind die Straßen allerdings so verstopft, dass die Menschen kaum Alternativ­en haben, als Rad zu fahren und zu Fuß zu gehen.“Und: Die Studien-Autoren betonen den Einfluss von Parks und Grünfläche­n auf das Bewegungsa­usmaß.

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