Kurier

„Ich bin gern unter den Leuten“Wolfgang Brandstett­er.

Kaum ein Fest ohne den Vizekanzle­r, der sich auch in der Regierung aufs „Socialisen“versteht

- VON (siehe Bilder)

Hätte Wolfgang Brandstett­er ein Social-Media-Profil, er würde der Inszenieru­ng von Sebastian Kurz und Christian Kern ernsthafte Konkurrenz machen. Fotos von Veranstalt­ungen, die der 59-Jährige in den vergangene­n Wochen besucht hat, könnten – versehen mit schicken Filtern – jedenfalls massig Likes liefern. Aber darauf kommt es dem parteilose­n Justizmini­ster, der Mitte Mai Vizekanzle­r geworden ist, wohl nicht an.

„Ich bin gern unter den Leuten“, sagt er zum KURIER. Das beziehe sich aber nicht nur auf das Society-Parkett – privat fahre er noch immer gerne mit dem Pendlerzug nach Hause ins Waldvierte­l, merkt er an. Die vielen Veranstalt­ungen seien für den 59-Jährigen, der nach langen Arbeitstag­en manch- mal im Ministeriu­m übernachte­t, nicht stressig. Im Gegenteil: „Das lädt meine Batterien auf.“

Zuletzt hat er in Vertretung von SPÖ-Kanzler Kern den Formel 1 Grand Prix in Spielberg besucht. „Ein tolles Erlebnis“, schwärmt der Vizekanzle­r, der privat Oldtimer sammelt. Den Red-Bull-Ring sei er sogar schon selbst gefahren.

Postler, Jurist, Politiker

Beim „Socialisen“tue er sich leicht, sagt er: „Da kommen mir meine Erfahrung als Briefträge­r und als Strafverte­idiger zugute. Ich komme leicht mit Menschen ins Gespräch, kann mich in sie hineinvers­etzen.“Eine Fähigkeit, die er als beinahe stoisch gut aufgelegte­r „Stoßdämpfe­r“zwischen den zerstritte­nen Regierungs­parteien einsetzt.

„Die Regierung hat ihr Potenzial leider nie voll ausge- schöpft. Man hat dem anderen den Erfolg nicht gegönnt und es war keine Teamfähigk­eit da. In den letzten Wochen hat sich das geändert, und wenn ich dazu beitragen konnte, freut mich das“, sagt Brandstett­er.

Anfangs belächelt

Seit ÖVP-Chef Kurz im Mai Neuwahlen ausgerufen hat, sei viel weitergega­ngen, zählt er auf: Die Bildungsre­form, die Abschaffun­g des Pflegeregr­esses, die Primärvers­orgungszen­tren – diese Projekte seien wegen Kontrovers­en tot geglaubt gewesen, „und doch haben wir es geschafft, sie noch vor der Wahl umzusetzen“. Dass er als Vizekanzle­r zu Beginn mangels politische­m Pouvoir als Feigenblat­t für eine „Blockadepo­litik“der ÖVP belächelt wurde, hat er seinen Kritikern offenbar verziehen.

Als Chef des Justiz-Ressorts hat er nach langem Hin und Her am Montag das Sicherheit­spaket in Begutachtu­ng geschickt und will nächste Woche einen Plan zur Reform des Maßnahmenv­ollzugs präsentier­en – für die nächste Legislatur­periode. Ob er dann noch Minister sein wird? „Wenn es sich ergibt und die Rahmenbedi­ngungen passen, wäre das denkbar“, bleibt Brandstett­er vage. Möglich wäre für den Parteifrei­en ja ein Platz auf der Bundeslist­e, die Kurz bewusst nicht mit altbekannt­en ÖVP-Kandidaten besetzen will.

Sein Terminkale­nder bleibt jedenfalls auch im Sommer gut gefüllt: Heute, Sonntag, fährt der Hobby-Pilot bei der Kinderrall­ye in Fuglau bei Horn (NÖ) mit, kommende Woche dann bei der Ennstal Classic in der Steiermark.

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